Einbindung der Bevölkerung: Begriffe und Definitionen
Einbindung der Bevölkerung: Begriffe und Definitionen
31 Januar 2024
Die Einbindung der Bevölkerung ist einer der wichtigsten Programmbereiche des IFAW. Im Folgenden stellen wir einige der Begriffe vor, die wir häufig verwenden, wenn wir über unsere Arbeit mit menschlichen Gemeinschaften sprechen.
Koexistenz
Im Zusammenhang mit dem Natur- und Artenschutz bezieht sich Koexistenz auf einen dynamischen Zustand, in dem Menschen und Wildtiere in unmittelbarer Nähe zueinander leben und die Interessen und Bedürfnisse beider Arten erfüllt werden. Mensch-Wildtier-Konflikte stellen ein Hindernis für die Koexistenz dar. Wir müssen einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen, um die Zahl der Mensch-Wildtier-Konflikte zu verringern. Dafür sind Maßnahmen notwendig, die den direkten Druck, der zu Konflikten führt, reduzieren, die institutionellen Kapazitäten der Interessengruppen für den Umgang mit Mensch-Wildtier-Konflikten verbessern, die negativen Auswirkungen von Mensch-Wildtier-Konflikten verringern und die Sammlung, Verbreitung und den Austausch von wissenschaftlichen Daten über Mensch-Wildtier-Konflikte verbessern. Die Koexistenz von Menschen und Wildtieren kann durch eine kontextgerechte und gut informierte Zusammenarbeit der handelnden Gruppen und/oder Personen erreicht werden, die zu einer Lösung führt, die für die unmittelbar Beteiligten akzeptabel ist.
Gemeindeland
Gemeindeländereien sind typischerweise ländliche Gebiete, die durch gemeinschaftliche Zugangsrechte und individuelle Ressourcennutzung gekennzeichnet sind – begleitet von einer Gruppenkontrolle, bei der die Mitglieder wechselseitige Rechte und Pflichten besitzen. Gemeindeland wird häufig von Kleinbauern und -bäuerinnen bewohnt, die eine gemischte Subsistenzwirtschaft mit Ackerbau und Viehzucht betreiben und/oder in kleinem Umfang kommerzielle Landwirtschaft betreiben.
Einbindung der Bevölkerung
Unter der Einbindung der Bevölkerung (engl.: Community Engagement, kurz CE) versteht man im Natur- und Artenschutz die Zusammenarbeit mit Gruppen von Menschen, die mit Wildtieren zusammenleben, um gemeinsam sozioökonomische und ökologische Probleme anzugehen und so die Koexistenz zu verbessern. Die Einbindung der Bevölkerung fördert partizipatorische Ansätze, Inklusivität, Transparenz und eine auf den Menschen ausgerichtete Entscheidungsfindung. Darüber hinaus werden traditionelles Wissen, Innovationen und Praktiken lokaler Gemeinden, die für den Schutz und die nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt von Bedeutung sind, berücksichtigt und aufrechterhalten.
Der IFAW bindet diejenigen ein, die den Tieren und Lebensräumen, die wir schützen wollen, am nächsten stehen, um positive und nachhaltige Veränderungen zu bewirken:
- Bewältigung von Mensch-Wildtier-Konflikten durch ganzheitliche Ansätze, die lokale Entwicklungspläne sowie Natur- und Artenschutzpläne, menschliche Bestrebungen, soziale Dynamiken, sektorale Pläne, Konflikttreiber und lokale soziokulturelle Kontexte berücksichtigen, sowie durch integrierte Ansätze, die alle sechs Elemente (Konfliktverständnis, Prävention, Abschwächung, Reaktion, Politik und Überwachung) des Konfliktmanagements bei der Projektgestaltung berücksichtigen und einbeziehen.
- Engagement für den Natur- und Artenschutz, Managementstrukturen und Führung, die die sozioökonomischen und politischen Umstände, die Bedürfnisse und die Lebenswirklichkeit derjenigen berücksichtigen, die am unmittelbarsten von der biologischen Vielfalt abhängig sind. Zu den Grundprinzipien gehören die Sicherstellung eines auf grundlegenden Menschenrechten basierenden Ansatzes für Erhaltungsmaßnahmen, bei dem die Handlungsfähigkeit, der Zugang und die Entscheidungsautonomie der Gemeinden unterstützt werden, sowie die Wiederbelebung der gewohnheitsmäßigen und lokalen Institutionen, die legitime und anpassungsfähige Strategien für die Bewahrung der biologischen Vielfalt bieten.
- Unterstützung eines ganzheitlichen Bildungsansatzes, der darauf abzielt, die sozialen, ethischen und ökologischen Bedürfnisse von Gemeinden, die in Randzonen um Nationalparks und Schutzgebiete leben, durch integriertes Lernen anzusprechen. Das bietet den Mitgliedern dieser mit wildlebenden Tieren und Pflanzen zusammenlebenden Gemeinden eine ganzheitliche Unterstützung (sozial, wirtschaftlich und ökologisch).
- Förderung umweltfreundlicher und naturbasierter Lebensgrundlagen, die aus an den menschengemachten Klimawandel angepassten Aktivitäten bestehen, die zur Wiederherstellung von Ökosystemen, zur Erhaltung der Biodiversität und zur Sicherung der Lebensgrundlagen beitragen. Zu den wichtigsten Vorteilen der Maßnahmen im Rahmen dieser Säule gehören die Schaffung alternativer, neuer und resilienter Lebensgrundlagen, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Erhöhung des Einkommens, auch für vulnerable Haushalte, wodurch die allgemeine Resilienz der lokalen Wirtschaft und Gesellschaft verbessert wird.
Wir arbeiten respektvoll, kooperativ und inklusiv mit den Gemeinden zusammen, um dauerhafte Lösungen zu finden, die für Wildtiere, Menschen und Haustiere funktionieren.
Kritische Landschaften
Kritische Landschaften sind Gebiete, in denen sich Wildtiere bewegen können, um Zugang zu lebenswichtigen Ressourcen zu erhalten, den Genaustausch zu gewährleisten, ihr Verbreitungsgebiet zu verlagern und neue Territorien zu erschließen. Sie unterstützen und erhalten die ökologischen Prozesse und verbessern die Konnektivität – also das Ausmaß, in dem die Landschaft Bewegungen erleichtert oder behindert. Obwohl diese Lebensräume die Heimat einer Vielzahl von Wildtierarten sind – darunter auch gefährdete und bedrohte Arten – bedrohen anthropogene und durch die Klimakrise verursachte Einflüsse weiterhin kritische Landschaften.
Mensch-Wildtier-Konflikte
Mensch-Wildtier-Konflikte sind Interaktionen zwischen Menschen und Wildtieren, die negative Folgen haben. Menschen und Wildtiere teilen sich die Hälfte der Landfläche der Erde, und da sich der Raum immer mehr überschneidet, nimmt auch der Wettbewerb um begrenzte Ressourcen zu, was zu Konflikten führt.
Die Auswirkungen von Mensch-Wildtier-Konflikten sind nicht nur für die Menschen vor Ort spürbar, die direkt unter Ernte- und Viehbestandsverlusten, dem Verlust von Menschenleben oder dem Verlust der Biodiversität leiden, sondern auch für die Weltgemeinschaft, die die Auswirkungen indirekt über die globale Lieferkette und die Produktion von Waren zu spüren bekommt. In Verbindung mit der Klimakrise haben sich Mensch-Wildtier-Konflikte zu einem wichtigen entwicklungspolitischen und humanitären Problem entwickelt, das sich auf die meisten Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (engl.: Sustainable Development Goals, kurz SDGs) auswirkt und weltweit eine erhebliche Bedrohung für den Natur- und Artenschutz sowie nachhaltige Lebensgrundlagen darstellt.
Inklusive Partizipation
Inklusive Partizipation beschreibt den Prozess, der es von Tier- und Naturschutzinitiativen betroffenen Interessengruppen, u.a. örtlichen Gemeinden, ermöglicht, an diesen teilzunehmen, davon zu profitieren und diese auch selbst zu gestalten.
Indigene Völker
Indigene Völker sind die Nachkommen der frühesten bekannten Bevölkerung ihres Landes – in der Regel eines Landes, das kolonisiert wurde oder heute von einer Reihe von Völkern unterschiedlicher Herkunft bewohnt wird. In der Vergangenheit haben indigene Völker unter der Unterdrückung durch die Kolonialherrschaft gelitten.
Der IFAW setzt sich dafür ein, indigene Völker und traditionelle Führungspersönlichkeiten in Natur- und Artenschutzprojekte einzubeziehen. Ihr Wissen über das Land und die Tierwelt ist wertvoll für deren Schutz.
Natürliches Kapital
Das Naturkapital umfasst alle natürlichen Ressourcen in einem Gebiet, die einen wirtschaftlichen Wert haben oder Dienstleistungen für die Menschen erbringen können.
Wilderei
Wilderei ist das illegale Jagen, Fallenstellen oder Fangen von Tieren, die nicht die eigenen sind, zu einer geschützten Art gehören und/oder in einem Schutzgebiet leben. Bei der Wilderei geht es nicht nur um die Tötung von Tieren, sondern auch um den illegalen Handel mit lebenden Wildtieren und Wildtierprodukten.
Social Empowerment
Social Empowerment ist ein Konzept zur Förderung von Autonomie, Selbstbestimmung und direkter partizipativer Demokratie, das die soziokulturellen Überzeugungen, Kenntnisse, Bedürfnisse, Interessen, Herausforderungen und Möglichkeiten von Einzelpersonen und Gemeinden in Bezug auf die von ihnen bewohnten und genutzten Ökosysteme berücksichtigt. Es zielt darauf ab, die Fähigkeit der Menschen, die mit wildlebenden Tieren und Pflanzen zusammenleben, zur Anpassung an eine sich verändernde Umwelt zu stärken.
Sozioökonomische Entwicklungsinitiativen
Die sozioökonomische Entwicklung ist der Fortschritt einer menschlichen Gemeinschaft hin zu einem höheren Maß an Effizienz, Wohlstand, Gerechtigkeit und Demokratie.
Nachhaltige Landnutzungspraktiken
Nachhaltige Landnutzungspraktiken sind landwirtschaftliche und andere Landnutzungsmethoden, die auf lange Sicht umwelt- und wildtierfreundlich sowie regenerativ sind. Beispiele hierfür sind konservierende Bodenbearbeitung, Gründüngung und Fruchtwechsel, die die Gesundheit des Bodens und die Wasserfilterung verbessern sowie Erosion und Bodendegradation verringern können.
Nachhaltige Strategien zur Sicherung des Lebensunterhalts
Nachhaltige Lebensgrundlagen sind solche, die langfristig sowohl für den arbeitenden Menschen als auch für die Umwelt tragfähig sind. Angesichts der Klimakrise und des Verlusts der Biodiversität ist es wichtig, dass die Lebensgrundlagen der Menschen wildtierfreundlich und klimaresistent sind. Nachhaltige Strategien für den Lebensunterhalt beinhalten u.a. Strategien dazu, wie man den eigenen Lebensunterhalt verdient, das eigene Geld ausgibt und vorhandene Vermögenswerte und Einkommen auf nachhaltige Weise erhält.
Traditionelle Führungspersönlichkeiten
Traditionelle Führungspersönlichkeiten sind diejenigen, die in ihrer Gemeinde eine Führungsrolle innehaben und aufgrund von Gewohnheitsrechten, z.B. aufgrund von Abstammung und Geschlecht, Autorität besitzen. Traditionelle Führungspersönlichkeiten dienen oft indigenen Völkern. Der IFAW setzt sich dafür ein, dass die Stimmen der traditionellen Führungspersönlichkeiten im Natur- und Artenschutz gestärkt werden.
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