Ukraine-Hilfe: Ein Tag an der polnisch-ukrainischen Grenze
Ukraine-Hilfe: Ein Tag an der polnisch-ukrainischen Grenze
3 Juni 2022
Hinweis: Unsere Zeit im so genannten "blauen Zelt" ist am Sonntag, den 15. Mai, zu Ende gegangen. Zwei Monate lang hatten wir die Ehre, Tausenden von Tieren und ihren Menschen zu helfen, die die Grenze von der Ukraine nach Polen überschritten hatten. In den letzten Wochen hat die Zahl der Menschen und Tiere, die die Grenze überquert haben, stetig abgenommen. Dieser Bericht entstand noch während der aktiven Betreuung der Station des IFAW. Wie wir auch weiterhin aktiv helfen, erfahren Sie HIER.
Millionen Menschen fliehen vor dem Krieg in der Ukraine. Viele nehmen ihre Haustiere mit auf die beschwerliche Reise. Die EU hat aufgrund der Ausnahmesituation die Bedingungen für die Einreise von ukrainischen Tieren gelockert. Finden Sie HIER die aktuellen Informationen dazu.
Der IFAW hat in Medyka, an der polnisch-ukrainischen Grenze, das sogenannte „blaue Zelt“ übernommen, um Familien zu helfen, die zusammen mit ihren Haustieren fliehen. Der Deutsche Tierschutzbund (DTSchB) und der Bundesverband Gemeinschaft Deutscher Tierrettungsdienste (GDT) haben die Tierhilfestation zu Beginn des Krieges eingerichtet. Es steht rund um die Uhr zur Verfügung. Jeder, der im Zelt eingesetzt ist, übernimmt eine gewisse Aufgabe. Gemeinsam hilft das Team jeder einzelnen Person oder Familie, die das Zelt mit ihrem Haustier betritt. Ob Katzen, Hunde, Nagetiere oder generell Haustiere jeglicher Art, der IFAW bietet Tierfutter, tierärztliche Untersuchungen, Decken, Transportmittel, Maulkörbe und alles, was Menschen und Tieren helfen kann, die Weiterreise zu erleichtern.
Ich kümmere mich normalerweise um die Fördererbetreuung. Um in der Notsituation zu helfen, war ich acht Tage im Einsatz vor Ort.
Medyka, ein Ort, an dem ukrainische Flüchtlinge das erste Mal durchatmen können
Der Tag startet heute um 06:30 Uhr. Ich wohne in einer Unterkunft in dem Ort Przemysl, die erste größere Stadt nahe der polnisch-ukrainischen Grenze. Das IFAW Camp liegt in Medyka, direkt an der Grenze zur Ukraine. Die Fahrt von Przemysl nach Medyka dauert lediglich 10 Minuten mit dem Auto. Ich bin vor jeder Schicht etwas aufgeregt, weil es an jedem Tag ungewiss ist, was einen erwartet.
Meine Schicht startet um 07:00 Uhr und geht bis ca. 16:00 Uhr. Als ich am Camp ankomme, bin ich überrascht, wie viele verschiedene Organisationen ihre Zelte nebeneinander aufgebaut haben, wie viele Essensmöglichkeiten es gibt, wie viele Hilfsgüter ausgegeben werden und was für eine Menge an Hilfsbereitschaft mir entgegenströmt. Wir vom IFAW sind derzeit das einzige Zelt, welches sich um Haustiere jeglicher Art kümmert. Pro Schicht ist ein/e Tierarzt/Tierärztin, ein/e Übersetzer:in, ein/e Team-Leiter:in und eine zusätzlich unterstützende Hilfskraft eingesetzt. Ich erhalte am ersten Tag eine Führung durch das Zelt. Beim Betreten des Zeltes ist ein Behandlungstisch für Tiere aufgestellt, drum herum befinden sich Transportboxen, Tierfutter, Hunde,- sowie Katzengeschirr und eine Menge an Medizin für Tiere. Im hinteren Bereich ist unser Lager sowie Ruhebereich, in dem wir uns zwischendurch ausruhen können. Hinter dem blauen Zelt haben wir noch ein weiteres Lager, in dem wir Tierfutter jeglicher Art lagern.
Unsere Übersetzerin Catherine, die für uns aus dem Ukrainischen ins Englische übersetzt, wartet draußen vor dem Zelt und empfängt Flüchtlinge, die ein Haustier bei sich tragen. Sie weist sie darauf hin, dass wir Hilfe anbieten und sie in unserem Zelt herzlichst willkommen sind. In dem Moment spüre ich, dass eine gewisse Skepsis in der Luft hängt. Dadurch, dass die Menschen gestresst sind, fällt mir auf, dass auch das Vertrauen gegenüber Fremden gering ist. Die Menschen sind übermüdet, verängstigt, überlastet und sollen dann ihr eigenes Haustier, welches sie schon mehrere Stunden oder auch Tage transportiert haben, uns im Zelt zur Grundversorgung übergeben. Jedoch kippt diese Angst schnell, sobald sie merken, dass wir ihren Tieren helfen wollen. Den Menschen ist es etwas unangenehm, unsere Leistung entgegenzunehmen. Jedoch können wir dank einer Vielzahl an Spenden diesen Service ermöglichen und die Tiere versorgen.
Am heutigen Tage empfangen wir zunächst Flüchtlinge, die eine Transportbox benötigen, um komfortabler mit ihrem Haustier weiterreisen zu können. Ein Gefühl von Eile liegt in der Luft. Es muss alles schnell gehen und das bekommen auch die Tiere mit. Sie wirken verängstigt, zittern, wollen nicht essen und scheinen sehr verwirrt. Unser Ziel ist es, in diesem Moment Ruhe und Sicherheit zu vermitteln, sodass die Tiere entspannen und einmal durchatmen können.
Olga und ihre drei Hunde Tschupa, Julie und Kaschtan
Meine erste etwas längere Begegnung an diesem Tag ist mit Olga. Sie ist mit drei Hunden in unsere Tierhilfe-Station gekommen und benötigt Geschirr, Nahrung und Wassernäpfe. Ich helfe Olga, das richtige Geschirr für den jeweiligen Hund zu finden. Olga ist total glücklich, ihre Augen glänzen und ich spüre ein großes Gefühl von Dankbarkeit. Aufgrund meiner Polnischkenntnisse kann ich auch ein wenig die ukrainische Sprache verstehen und begreife, dass Olga ihre drei Hunde Tschupa, Julie und Kaschtan liebt und definitiv nicht zurücklassen wollte. Julie und Kaschtan sind eher zurückhaltend und verwirrt, Tschupa hingegen hat sich über jedes einzelne Leckerli gefreut und ist mir nicht mehr von der Seite gewichen. Olga hat sich tausendfach bei uns bedankt und sagte beim Abschied mit Tränen in den Augen, dass der IFAW für immer in ihrem Herzen bleibt. Somit konnten drei Hunde ihre Reise fortführen und Olga hatte die Gelegenheit einmal durchzuatmen.
Dies ist eine von so vielen besonderen Geschichten, die ich erlebt habe und ich bin froh, dass wir dank mitfühlenden Menschen wie Ihnen, diese Arbeit umsetzen können. Erfahren Sie auf DIESER Seite mehr über unseren Einsatz.
-- Vanessa Nowacki, IFAW Deutschland
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