Seit mehr als 20 Jahren verbinde ich den Monat März mit der kommerziellen Robbenjagd in Kanada. In dieser Zeit reiste ich fast jedes Jahr als Teil des Beobachterteams des IFAW an die Ostküste Kanadas, um das Abschlachten von hunderttausenden Jungrobben selbst zu sehen und zu dokumentieren. Gerade jetzt, da die Robbenmütter ihre weichen, mit weißem Fell bedeckten Babys gebären, denke ich an die Fortschritte, die wir in den vergangen 50 Jahren mit unserer Kampagnenarbeit erzielen konnten, um das grausame und überflüssige Abschlachten zu beenden, und ich denke an die Herausforderungen, die noch vor uns liegen.
Bereits seit 1969, als Brian Davies unsere Organisation gründete, kämpft diese für eine Beendigung der grausamen Robbenjagd in Kanada. Den ersten großen Sieg errangen wir 1982, als Europa für ein Einfuhrverbot der weißen Felle der Baby-Sattelrobben und Klappmützenrobben stimmte, was für die kanadische Robbenindustrie einen herben Schlag bedeutete. Nachdem der IFAW mit einem Boykott kanadischer Fische und Meeresfrüchte drohte, verbot die Regierung Kanadas das Töten von Sattelrobbenbabys, womit die Robbenindustrie fast zum Erliegen kam.
Als jedoch Anfang der 1990er Jahre die Kabeljaufischerei im Nordwestatlantik zusammenbrach und zehntausende Fischer ihre Arbeit verloren, nutzte die kanadische Regierung die Gelegenheit und behauptete, Robben würden „alle Fische fressen“. Daraufhin erhöhte der Fischereiminister die Fangquote für Sattelrobben und führte Subventionen ein, um die Robbenindustrie wiederzubeleben. Diese ständig wachsenden staatlichen Zuschüsse kosteten die Steuerzahler schließlich hunderte Millionen Dollar. Mit einer Fangquote von 400.000 Tieren entwickelte sich die kommerzielle Robbenjagd in Kanada zur größten Abschlachtung eines Meeressäugers weltweit.
Einmal mehr brach unser Team auf ins Eis und dokumentierte die Grausamkeit und unnötige Verschwendung. Wir brachten unsere Beweise nach Europa und setzten uns hier erfolgreich für ein Einfuhrverbot für alle Robbenprodukte ein, die bei der kommerziellen Robbenjagd erbeutet wurden. Auch Russland verbot Robbenprodukte, wodurch 90% des Exportmarktes für Robbenfelle aus Kanada einbrachen. Als die den Robbenfang unterstützenden Staaten Kanada und Norwegen das europäische Verbot vor der Welthandelsorganisation anfochten, bündelten wir unsere Kräfte und konnten dieses erfolgreich verteidigen und somit einen der bisher großartigsten Siege zum Wohl der Tiere festigen.
Nach wie vor kämpfen wir für die Beendigung dieser grausamen und aussterbenden Aktivität, indem wir das Bewusstsein der Menschen schärfen und sicherstellen, dass Einfuhrverbote für Robbenprodukte weltweit bestehen bleiben. Wir fordern Kanada auf, Gesetze zu erlassen, um die Robbenjagd an der Ostküste zu beenden und für die betroffenen Gemeinden alternative wirtschaftliche Möglichkeiten zu erschließen.
Dank Ihrer Unterstützung waren wir sehr erfolgreich: die Anzahl getöteter Robben ging im letzten Jahrzehnt um 83 Prozent zurück, womit ungefähr 4 Millionen Jungrobben vor einem grausamen und überflüssigen Tod bewahrt wurden. Der Wert der Robbenjagd fiel um 96% von 34 Millionen kanadischen Dollar im Jahr 2006 auf lediglich 1,8 Millionen kanadische Dollar 2018. Und auch die Anzahl von Robbenjägern ging um 91,5 Prozent zurück, wobei in den letzten Jahren nur noch einige hundert an der Jagd teilnehmen.
Wir haben viel erreicht, aber unsere Arbeit ist längst nicht beendet. Fischer und Politiker geben noch immer den Robben die Schuld an Überfischung und Misswirtschaft von Fischereibetrieben und fordern dazu auf, mehr Robben zu töten und weitere Lizenzen auszugeben. Dies dürfen wir nicht zulassen!
Unsere einzige Möglichkeit besteht darin, zu lernen, mit den Robben zu leben. Viele von uns haben damit jedoch nur wenig Erfahrung: während mehr als einhundert Jahren wurden Robbenbestände extrem ausgebeutet, um Öl und Fell zu gewinnen. Erst jetzt mit Erholung der Bestände wird uns klar, wie dramatisch sich menschliche Eingriffe und Ausbeutung auf diese Spezies auswirkten. Sattelrobben sind keine Konkurrenz im Kampf um Fische, wie viele Fischer glauben: tatsächlich wissen wir, dass gesunde und reiche Robbenbestände in einem gesunden und widerstandsfähigen Meeres-Ökosystem normal und notwendig sind.
Außerdem wissen wir, dass jedes Tier für den Tierschutz zählt. Wir setzen uns dafür ein, Wildtiere zu retten, zu rehabilitieren und auszuwildern. Dies bedeutet, dass wir auch die gesetzlichen Grundlagen bereitstellen müssen, um sichere Umgebungen und Lebensräume für Tieren und Pflanzen zu schaffen.
Es ist eine aufwendige und langfristige Aufgabe, unsere Ziele für die Tiere zu erreichen und das Erreichte zu bewahren. Die Änderung veralteter Vorstellungen und Richtlinien in Bezug auf Wildtiere ist nicht leicht, sie erfordert Zeit und Einsatzbereitschaft. Unser kluges Denken, mutiges Handeln und unsere Beharrlichkeit werden jedoch am Ende belohnt.
Zusammen können wir eine bessere Zukunft für Robben schaffen. Bitte informieren Sie den Premierminister Kanadas, dass es Zeit ist, das grausame, überflüssige und verschwenderische Abschlachten von Robben an der Ostküste Kanadas ein für alle Mal zu beenden.
--SF
PS: Wenn Sie mehr über die Geschichte dieser Kampagne des IFAW wissen möchten, finden Sie hier den preisgekrönten Dokumentarfilm HUNTWATCH.
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