Matt Collis
Die Entscheidungen der Politik zu Wildtieren müssen als integraler Bestandteil der Regierungsarbeit betrachtet werden und nicht nur als Anhängsel.
Es geht um alles: Zehn internationale Konferenzen entscheiden 2020 über das Schicksal von Wildtieren und Natur
Für den IFAW bedeuten sichere Lebensräume für Tiere mehr als nur Sicherheit vor Ort. Werden sie nicht durch entsprechende Gesetze und politische Maßnahmen geschützt, ist nicht gesagt, dass diese Orte ihnen auch in Zukunft Sicherheit bieten werden. Deshalb arbeitet der IFAW national wie international auch auf politischer Ebene für den Schutz der Tiere und ihrer Lebensräume.
2020 wird im Hinblick auf zwischenstaatliche Konferenzen zum Thema Natur und Klimawandel ein entscheidendes Jahr werden. Man spricht sogar schon vom „Superjahr des Umweltschutzes“ und vom „Superjahr der Artenvielfalt“. Es ist sehr erfreulich, dass zur Abwechslung einmal „Natur“ in Regierungskreisen ein Schlagwort ist. Und es ist auch höchste Zeit für diese Entwicklung.
Im vergangenen Jahr legten UN-Gremien zwei wegweisende Berichte vor, die deutlich machten, wie ernst die Lage ist. Im ersten Bericht wird warnend darauf hingewiesen, dass eine Million Arten vom Aussterben bedroht sind. Die Zerstörung der Natur schreitet weltweit so rasant voran wie nie zuvor in der Geschichte der Menschheit. Kurz darauf wurde der Emissions Gap Report vorgelegt. Aus diesem geht hervor, dass wir schon fast die Gelegenheit verpasst haben, die Erderwärmung auf den angestrebten Wert von 1,5° Celsius zu begrenzen. Hierdurch sollen die katastrophalen Auswirkungen des Klimawandels eingedämmt werden.
In beiden Berichten wird hervorgehoben, dass die Maßnahmen, die Regierungen weltweit als Reaktion auf dem Klimawandel ergreifen, nicht ausreichen. Außerdem wird festgestellt, dass die Kosten viel höher ausfallen werden, wenn nicht gehandelt wird. Werden jetzt entsprechende Schritte umgesetzt, sind sie geringer. Die Regierungen können es sich nicht leisten, weiter abzuwarten. Die Natur und wir, die Menschen, die auf sie angewiesen sind, können es ebenso wenig.
Zum Abschluss des Jahres finden zwei wichtige Tagungen statt, bei denen die teilnehmenden Regierungen Zielsetzungen für den Naturschutz aushandeln und erneut Zusagen über die Minderung ihres Treibhausgasausstoßes machen werden. Doch auch davor gibt es im Laufe des Jahres wichtige Treffen, die über das Schicksal von Wildtieren und Lebensräumen entscheiden werden. Im Folgenden gehen wir auf über 10 zentrale Zusammenkünfte ein, die 2020 stattfinden.
1. Bonner Konvention (Convention on Migratory Species, CMS)
Mit ihrer Konferenz, die im Februar in Indien stattfindet, gibt die CMS den Startschuss zum Superjahr der Umwelt. Dort wird es um grenzübergreifende Schutzbemühungen für Tiere gehen, deren Lebensräume und Wanderrouten über Landesgrenzen hinweggehen. Nichts verdeutlicht so eindrucksvoll, dass Regierungen international zusammenarbeiten müssen, wie die Gefahren für Vögel, große Landsäugetiere, Wale, Haie und viele andere Tierarten, die auf der Erde umherziehen. Bei dieser Konferenz wird man versuchen, Asiatische Elefanten, Jaguare und weitere Hai-Arten in die Liste der Tiere aufzunehmen, die im Rahmen der CMS geschützt werden.
2. Ein neuer Schutzvertrag für die Hohe See
Ende März werden die Unterhändler der Regierungen am Hauptsitz der Vereinten Nationen in New York zur abschließenden Verhandlungsrunde zusammenkommen. Ziel ist die Ausarbeitung eines neuen weltweiten Abkommens über die Meere. Dieses soll den Schutz von Meeresgebieten regeln, die außerhalb nationaler Hoheitsbefugnisse liegen (Hochsee). Diese internationalen Gewässer machen 64% der Fläche und 95% des Volumens der Meere aus. Trotzdem gibt es derzeit keine umfassende internationale Regelung für ihre Nutzung bzw. ihren Schutz. Diese Lücke soll mit dem neuen Vertrag geschlossen werden.
3. Die Internationale Seeschifffahrts-Organisation (IMO)
Ende März tagt auch der Umweltausschuss der IMO (Marine Environmental Protection Committee - MEPC). Für diese Sitzung hat Kanada einen Vorschlag eingereicht, , demzufolge die Schifffahrtsindustrie ihre Bemühungen für eine Reduzierung von Unterwasserlärm verstärken soll.. Schall und Geräusche sind für das Überleben zahlreicher Meerestierarten von entscheidender Bedeutung. Lärmverschmutzung, hauptsächlich durch Schiffsverkehr verursacht, hat Auswirkungen auf Meeressäuger und zahlreiche Fischarten: Sie werden in ihrer Fähigkeit eingeschränkt, zu kommunizieren, sich zu orientieren, einen Partner zu finden, und Beute oder Fressfeinde ausfindig zu machen – mit anderen Worten: Ihre Überlebensfähigkeit ist beeinträchtigt. Im Rahmen der MEPC-Tagung wird auch weiter darüber diskutiert werden, wie die vom Schiffsverkehr verursachten Treibhausgasemissionen begrenzt werden können, die maßgeblich zur Erderwärmung beitragen. Im Oktober wird der Ausschuss dann erneut tagen.
4. Konferenz der Vereinten Nationen zum Schutz der Meere
Im Juni findet in Lissabon die zweite UN-Meereskonferenz UN Ocean Conference statt. Nach der allerersten UN-Meereskonferenz im Jahr 2017 kommen erneut Regierungsvertreter zusammen, um weitere Maßnahmen Meeresschutz voranzubringen. Dieses Jahr ist auch deswegen für die Zukunft unserer Meere entscheidend.
5. Weltkongress der Weltnaturschutzunion IUCN
Ebenfalls im Juni treffen sich die über 1.300 Mitglieder (Regierungsvertreter und nicht-staatliche Mitglieder) der Weltnaturschutzunion (International Union for the Conservation of Nature, IUCN) in Marseille zum Kongress der IUCN. Dieser findet alle vier Jahre statt und ist für die internationalen Naturschutzbemühungen richtungsweisend. Der IFAW ist vor Kurzem der IUCN beigetreten und wird sich dafür einsetzen, dass die Interessen der Tiere bei den politischen Schwerpunkten und Positionen berücksichtigt werden, denen sich die IUCN in den kommenden vier Jahren widmen wird – auch mittels eines vom IFAW vorgelegten Antrags zur Bekämpfung des Wildtierhandels-im Internet, bei der der IFAW eine weltweit führende Rolle einnimmt. Dabei handelt es sich um einen von 120 Anträgen , mit denen sich der Kongress befassen wird und die auf sämtliche Aspekte des Naturschutzes eingehen.
6. Hochrangiger UN-Gipfelt zur Artenvielfalt
Im Rahmen des Superjahrs der Umwelt wollen die Vereinten Nationen internationale hochrangige Regierungsvertreter parallel zur UN-Vollversammlung im September zusammenbringen. Ziel ist es, den erforderlichen politischen Willen zu mobilisieren, der für die Durchsetzung eines ambitionierten New Deal für die Natur notwendig ist. Dieser soll bei der Vertragsstaatenkonferenz des Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD) im darauffolgenden Monat ausgehandelt werden.
7. Die Internationale Walfangkommission (IWC)
Ende September kommt die IWC zum 68. Mal seit ihrer Gründung in den 1940er Jahren zusammen – und zum ersten Mal ohne das Mitglied Japan. Das Land war im vergangenen Jahr aus der IWC ausgetreten, weil es den kommerziellen Walfang wiederaufnehmen will. Sehr wahrscheinlich werden Japans Schritte bei der Tagung zur Sprache kommen, ebenso wie Vorschläge über eine Reform der Arbeitsweise der IWC. Diese sind Teil fortlaufender Bemühungen mit dem Ziel, aus der IWC eine modernes Walschutzkonvention zu machen, die den Anforderungen dieser Arbeit im 21. Jahrhundert gerecht wird.
8. Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES)
Der Ständige Ausschuss von CITES tagt Anfang Oktober, um die laufenden Bemühungen der Regierungen von CITES-Vertragsstaaten gegen den Handel mit gefährdeten Arten zu erörtern. Im Rahmen der Tagung werden auch Berichte über die Maßnahmen vorgelegt werden, die verschiedene Länder – einschließlich EU-Mitgliedstaaten – zur Schließung der heimischen Elfenbeinmärkte umsetzen, außerdem ein Bericht über Japans Schritte in Bezug auf den illegalen Import von Seiwalfleisch.
9. Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD)
Die Vertragsstaatenkonferenz der CBD tagt im Oktober in China, um einen „new deal for nature“ abzuschließen, der bei einer Reihe von Zusammenkünften im Laufe des Jahres ausgehandelt werden soll: neue weltweite Ziele und konkrete Vorgaben für den Natur- und Artenschutz. Sie sollen in den kommenden zehn Jahren bestimmen, was die Nationen der Welt unternehmen werden, damit die Krise durch das Artensterben bewältigt werden kann. Die früheren Zielvorgaben, die sogenannten Aichi-Ziele, wurden größtenteils verfehlt, weil die Regierungen nicht ausreichend in den Natur- und Artenschutz investiert haben und nach dem Motto „Weiter bis bisher“ handelten. So konnten die dringend notwendigen Veränderungen nicht bewirkt werden, die das Artensterben und die negativen Auswirkungen auf Wildtiere und ihre Lebensräumen aufhalten hätten sollen. Der IFAW unterstützt Forderungen nach einem ambitionierten neuen Regelwerk mit hohem Schutzniveau für wichtige Lebensräume, einem neuen Mechanismus, mit denen Länder für ihr Handeln zur Rechenschaft gezogen werden können, und der Bereitstellung zusätzlicher Geldmittel in erheblichem Umfang für den Natur- und Artenschutz.
10. Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC)
Mit der Vertragsstaatenkonferenz des Klimaabkommens UNFCCC– (Klima-CoP) in Glasgow im November geht das Superjahr der Umwelt zu Ende. In ihrem Rahmen werden die Länder neue Verpflichtungen zur Reduzierung ihres Treibhausgas-Ausstoßes bekanntgeben. Belassen wir es bei den aktuellen Verpflichtungen des Pariser Klimaschutzabkommens, ist davon auszugehen, dass die Durchsnittstemperatur noch in diesem Jahrhundert um 3,2 C steigen wird. Deshalb müssen alle Länder dringend mehr Ehrgeiz beweisen. Nur dann lässt sich der Anstieg der Erderwärmung so begrenzen, dass ein katastrophales Ausmaß der Folgen für Natur wie auch für die Menschen verhindert werden kann.
Oft schenken Menschen der Natur kaum Beachtung, doch wir können nur in einer gesunden Natur leben. Sie liefert uns Atemluft, Nahrung, Trinkwasser und auch Medikamente – und ihre Schönheit fördert körperliches und seelisches Wohlbefinden. Mit anderen Worten: Wir können ohne die Natur nicht leben. Wir brauchen sie. Und dieses Jahr braucht die Natur auch uns. Deshalb müssen unsere Regierungen sich für den natur- und Artenschutz mehr einsetzen als bisher. Das kleine, aber hochengagierte Team des IFAW wird alles dafür tun, dass unsere Regierungen uns nicht hängen lassen – in diesem Jahr, das für die Natur und unsere Zukunft eine so entscheidende Bedeutung hat.
Matt Collis
Die Entscheidungen der Politik zu Wildtieren müssen als integraler Bestandteil der Regierungsarbeit betrachtet werden und nicht nur als Anhängsel.
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