Hilfsprojekt für verwaiste Elefanten – Sambia
Verwaiste Elefanten brauchen ein neues Zuhause und eine neue HerdeVon Zanji Valerie Sinkala, Autorin aus Lusaka, Sambia
Im Alter von nur fünf Wochen wurde ein Elefantenkalb, das später den Namen Kasungu erhielt, aufgrund eines Mensch-Wildtier-Konflikts von seiner Herde getrennt. Dieses traurige Ereignis fand zwischen Gemeinden, die an den Kasungu-Nationalpark grenzen, statt. Hier waren Elefanten über offenes Gemeindeland gezogen und plünderten die Ernte der dort ansässigen Landwirtschaft. Solche Konflikte treten immer häufiger auf, da der Lebensraum für Elefanten immer mehr eingeschränkt wird.
Bei dem Versuch, die Elefanten zu vertreiben, wurden zwei junge Kälber zurückgelassen. Das Ranger-Team vor Ort war leider nicht in der Lage, die beiden Jungtiere wieder mit ihrer Herde zusammenzuführen. Klein, verängstigt und nicht in der Lage, allein zu überleben, wurde eines der Kälber, Kasungu, von Game Rangers International (GRI), einem Partner vom IFAW, gerettet.
Die Rettung eines Elefantenkalbs ist nicht einfach – in diesem Fall war sogar ein Lufttransport erforderlich. Zusätzlich zur Bereitstellung von Muttermilchersatz, Beruhigungsmitteln und der Pflege durch fachkundiges und tierärztliches Personal können sich die Kosten schnell summieren. Wenn möglich, werden die Rettungen innerhalb von 48 Stunden nach der Entdeckung des Kalbs durchgeführt. Solche herausfordernden Rettungsaktionen sind nur dank der harten Arbeit des Ranger-Teams von GRI und der Unterstützung, die der IFAW leisten kann, möglich.
Benannt nach dem Kasungu-Nationalpark an der Grenze zwischen Malawi und Sambia, wurde der junge, gerettete Elefant im Januar 2024 in die fürsorglichen Hände des fachkundigen Personals des Elefantenwaisenhauses im sambischen Lusaka (engl.: Lusaka Elephant Nursery) gegeben. Hier bekam Kasungu eine zweite Chance auf Leben.
Eingewöhnung mit spezieller Ernährung
„Als Kasungu ankam, war er sehr schwach“, sagt Mathews Shachishu, einer seiner Pfleger im Elefantenwaisenhaus in der Nähe der sambischen Hauptstadt. „Er schaute uns mit großen Augen an und war begierig darauf, alles zu fressen, was wir ihm anboten. Wir mussten sicherstellen, dass er alles bekam, was er brauchte, um stark zu werden.“
Die Pflege eines Elefantenkalbs ist keine leichte Aufgabe. Jede Flasche wird speziell auf die Bedürfnisse des jeweiligen Kalbs abgestimmt. Für Kasungu bedeutete das eine Mischung aus Milchpulver mit Moringa, Kokosnusspulver und Hafer. Jeden Tag bereiten Mathews und sein Team Kasungus Nahrung sorgfältig zu. Dafür nehmen sie zunächst etwas heißes Wasser, rühren die Zutaten ein und lassen die Nahrung anschließend auf die richtige Temperatur abkühlen.
Doch ein paar Tage nach seiner Ankunft hörte Kasungu plötzlich auf zu trinken. „Er hat einfach das Interesse am Essen verloren“, sagt Mathews. „Wir haben alles versucht: Wir haben die Zusammensetzung seiner Nahrung angepasst und sind die ganze Nacht wach geblieben, um nach ihm zu sehen. Wir waren sehr besorgt.“
Nach mehreren langen Tagen und schlaflosen Nächten begann Kasungu wieder zu trinken und zeigte endlich wieder die gleiche Begeisterung für sein Futter, die er bei seiner Ankunft gezeigt hatte. „Es war, als hätte er beschlossen, uns nicht aufzugeben“, sagt Mathews lächelnd. „Wir haben für ihn gekämpft, und er hat gekämpft, um am Leben zu bleiben. Kasungu war zurück, und wir waren extrem erleichtert.“
Freundschaften schließen und den eigenen Platz finden
Kasungu hat einen gemütlichen Stall und schläft jede Nacht neben der zweieinhalb Jahre alten Elefantenkuh Chikumbi, die zu seiner Mutterfigur im Elefantenwaisenhaus geworden ist. Elefanten sind von Natur aus soziale Wesen, und Kameradschaft ist für ein Jungtier wie Kasungu, der jetzt ungefähr ein Jahr alt ist, unerlässlich. Zusammen mit Chikumbi durchläuft Kasungu nun die Höhen und Tiefen des Lebens.
„Er ist ein neugieriger kleiner Kerl“, lacht Mathews. „Jeden Tag sucht er sich aus, von wem er gefüttert werden möchte.“
Kasungus verspielte Persönlichkeit kommt bei seiner alltäglichen Lieblingsbeschäftigung – dem Schlammbad zur Mittagszeit – besonders zum Vorschein. Er planscht herum, wälzt sich im Schlamm und bedeckt sich mit einer Staubschicht. Dabei stellt er auch sein neu gewonnenes Selbstbewusstsein zur Schau. „Ihm beim Spielen zuzusehen, ist unterhaltsam“, sagt Mathews. „Er ist längst nicht mehr das schwache Elefantenkalb, das er bei seiner Ankunft hier war.“
Leben mit Elefanten: eine Herausforderung für die Gemeinden
Kasungus Geschichte ist jedoch nur ein kleiner Teil einer viel größeren Herausforderung: In Sambia und Malawi ist der Konflikt zwischen Mensch und Elefant eine anhaltende, große Herausforderung. Da sich die von Menschen genutzten Flächen, z.B. durch Landwirtschaft, immer weiter ausbreiten – auch in die Lebensräume von Elefanten und anderen Wildtieren – kommt es häufiger zu Mensch-Wildtier-Konflikten. Elefanten wandern auf der Suche nach Nahrung und Wasser durch Gemeindeland, was zu gefährlichen, manchmal tödlichen Interaktionen zwischen Menschen und Elefanten führt.
„Die Menschen hier sind auf ihre Ernte angewiesen, um zu überleben“, erklärt Wilson Chinda, Communications Officer bei Game Rangers International. „Daher ist es herzzerreißend, wenn Elefanten ihre Ernte beschädigen. Gleichzeitig ist es aber auch herzzerreißend, diese einzigartigen Tiere leiden zu sehen.“
Hier kommt die Initiative „Room to Roam“ des IFAW zum Tragen. Der IFAW arbeitet daran, sichere, zusammenhängende Landschaften zu schaffen, in denen sich Elefanten und andere Wildtiere frei bewegen können, und gefährliche Interaktionen mit Menschen, die in der Nähe von Wildtieren leben, zu minimieren. „Room to Roam“ zielt darauf ab, die Verbindung zwischen Schutzgebieten zu verbessern und sichere Räume zu schaffen, die Elefanten wie Kasungu natürliche Lebensräume bieten, während gleichzeitig wildtierfreundliche Lebensgrundlagen für die Menschen unterstützt werden und Gemeinden dabei geholfen wird, mit Wildtieren zu koexistieren – und zwar mit maßgeschneiderten und kreativen Ansätzen. Zum Beispiel haben wir Gemeinden in Malawi dabei geholfen, Bienenzäune zu installieren, um Elefanten fernzuhalten und gleichzeitig durch die Imkerei ein Einkommen zu erzielen. Wir fördern auch eine wildtier- und klimafreundliche Landwirtschaft im grenzüberschreitenden Schutzgebiet Malawi-Sambia (TFCA) und unterstützen ein Projekt, das 5.000 in der Landwirtschaft tätigen Menschen dabei hilft, Techniken zur Bodenverbesserung einzuführen, z.B. durch den Anbau von Hülsenfrüchten. Diese Projekte tragen nicht nur dazu bei, Konflikte zwischen Menschen und Elefanten zu verhindern, sondern helfen den Menschen auch, ein Einkommen aus Tätigkeiten zu erzielen, die ihrer Umwelt zugutekommen.
Das Elefantenwaisenhaus im sambischen Lusaka ist ein Projekt von Game Rangers International (GRI), einem Partner des IFAW, der bei der Rettung, Rehabilitation und schließlich der Auswilderung von Elefanten im Kafue-Nationalpark in Sambia hilft. Die Rettung, Rehabilitation und Auswilderung junger Elefantenkälber ist ein wichtiger Bestandteil von Room to Roam, da die Rettung des Lebens einzelner Elefanten für den Schutz der gesamten Art von großer Bedeutung sein kann.
Ein Blick in die Zukunft von Kasungu
Heute sieht Kasungus Zukunft vielversprechend aus. Dank des Pflege-Teams und Chikumbis ständiger Anwesenheit lernt Kasungu all die sozialen Fähigkeiten, die er braucht, um sich eines Tages einer Herde wildlebender Elefanten anzuschließen. Seine verspielte Art, seine Zuneigung zu seinen Pflegerinnen und Pflegern sowie seine grenzenlose Energie machen ihn zu einem Liebling im Elefantenwaisenhaus von Lusaka.
„Kasungus Geschichte erinnert uns daran, dass Menschen und Wildtiere dieses Land teilen können“, betont Mathews. „Wir müssen zusammenarbeiten.“
Die bisherige Lebensgeschichte von Kasungu handelt von Widerstandsfähigkeit, zweiten Chancen und tiefen Verbindungen, die die Kluft zwischen Menschen und Wildtieren überbrücken. Für die Gemeinden in seiner Umgebung ist seine Geschichte eine hoffnungsvolle Erinnerung daran, dass eine friedliche Koexistenz möglich ist – wenn wir bereit sind, uns dafür einzusetzen.
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