Das Malawi/Sambia-Elefantenschutzprojekt
Die meisten Verbreitungsgebiete afrikanischer Elefanten kennen keine StaatsgrenzenElefantenwaisen in Sambia im sicheren Auswilderungsgehege angekommen
Elefantenwaisen in Sambia im sicheren Auswilderungsgehege angekommen
UPDATE: Während sich die älteren Elefantenwaisen schnell in ihrem vorläufigen Zuhause einlebten, bleiben Musolole, Nkala und Muchichili sehr nah bei ihren Pflegern. Da Nkala und Muchi die Elefantenkrippe erst vor kurzem verlassen haben, verunsichert sie die neue Umgebung noch. Doch die fürsorglichen Pfleger sind stets in ihrer Nähe, um sie zu beruhigen. Und sie füttern die beiden alle drei Stunden mit ihrer geliebten Spezialmilch.
Nach der langen neunstündigen Fahrt über asphaltierte Straßen und Schotterpisten verließen Nkala und Muchichili vorsichtig ihre Transportboxen und betraten ihr neues Zuhause - die Auswilderungsstation im Kafue-Nationalpark.
Das Gehege dort unterscheidet sich stark von der Elefantenkrippe in Lilayi, in der die beiden Waisen fürsorglich gepflegt worden waren. Da die zehn Elefanten der Herde in der Auswilderungsstation gerade ihren Nachmittagsspaziergang machten, hatten Nkala und Muchi Zeit, zunächst in Ruhe ihren neuen Schlafplatz zu inspizieren. Die Pfleger fütterten sie wie gewohnt alle zwei Stunden mit der Flasche. Am Morgen darauf wurden sie dann mit der Herde zusammengebracht. Wir warteten aus der Ferne gespannt auf ihre Reaktionen.
Es war ein bewegender Moment, als sich Chamilandu, die Matriarchin der Herde, den beiden Neuankömmlingen näherte. Wie werden Nkala und Muchi reagieren? Werden sie sich eher respektvoll oder unterwürfig verhalten? Oder werden sie Chamilandu herausfordern? Die erste Begegnung ist immer sehr bezeichnend.
Wir waren alle sehr erleichtert, als wir sahen, dass beide Jungelefanten sich von Chamilandu mit dem Rüssel abtasten ließen und sie als Leittier anerkannten. Es war ein rührender Anblick. Vor allem der kleine Muchi wurde sofort von ihr bemuttert. Sie schützte ihn zwischen ihren Beinen, wie sie dies mit ihrem eigenen Kalb tun würde.
Elefanten sind sehr soziale Tiere, die untereinander enge Bindungen aufbauen. Wir konnten beobachten, wie Musolole und Zambezi ihren alten Freund Nkala begrüßten. Die drei waren eine Zeit lang zusammen im Lilayi-Waisenhaus gewesen. Es war überaus rührend, sie bei ihrem herzlichen Wiedersehen zu beobachten.
Es ist nicht immer leicht, neue Tiere in eine Herde zu integrieren. Rufunsa, einer meiner Lieblinge, war nicht begeistert über die Neuankömmlinge. Seit Jahren ist Rufunsa das "Baby" der Herde. Doch sein Verhalten zeigt nur die Spitze des Eisbergs, bezogen darauf, wie komplex die sozialen Beziehungen unter Elefanten sind.
Mit seinen sechs Jahren ist Rufunsa kaum größer als die beiden dreijährigen Neuankömmlinge. Bisher kennen wir den Grund für sein langsames Wachstum nicht genau. Doch glücklicherweise ist er gesund und genießt noch immer seine Rolle als Baby der Herde und Liebling von Matriarchin Chamilandu.
Die Ankunft der zwei kleineren und jüngeren Elefanten hat in Chamilandu Muttergefühle geweckt. Deshalb fühlt sich Rufunsa etwas vernachlässigt. Als er Muchi und Nkala wegstößt und versucht, seine Überlegenheit zu demonstrieren, geht Chamilandu dazwischen, um die beiden jüngeren Elefanten zu schützen. Abe sie zeigt gleichzeitig Rufunsa, dass er genauso dazugehört.
Während der nächsten Tage konnte ich im Gehege das Verhalten der Elefanten untereinander beobachten. Zusammen mit ihren Pflegern und Wildhütern, die die Elefanten und ihre Pfleger vor Raubtieren beschützen, begleitete ich die Herde in den Park zum Grasen. Wir hofften, dort auf wilde Elefantenherden zu treffen.
Als ich die Elefantengruppe auf dem Weg in den Wald beobachtete, rief mir dies wieder einmal ins Bewusstsein, welche Herausforderungen die Rettung und Auswilderung verwaister Elefanten mit sich bringen. Wir können so viel für diese wunderbaren Tiere tun. Dank unserer Erfahrung können wir sie retten und versorgen. Ihre Pfleger in der Elefantenkrippe werden für sie zu Ersatzmüttern und Familie. Und sie vermitteln ihnen Sicherheit und Geborgenheit. Oftmals sind die kleinen Waisen verletzt und leiden unter Dehydrierung und Unterernährung. Außerdem trauern diese sehr sozialen und intelligenten Wesen sehr lange, wenn sie ihre Mütter und ihre Herden verlieren. Wir behandeln ihre Wunden und tun bei der Zubereitung ihrer Spezialmilch unser Bestes, damit diese der Muttermilch so stark wie möglich ähnelt. Wir bringen sie an einem sicheren Ort unter, an dem sie zusammen mit anderen Waisen lernen und ihre Umgebung erkunden können. Lesen Sie auch: Zwei neue Kälber Kasewe und Kakaro in Elefantenwaisenhaus in Sambia aufgenommen
Wenn sie dann irgendwann bereit sind, bringen wir sie in eine Auswilderungsstation, wo sie den nächsten Schritt in Richtung Freiheit machen. An diesem Punkt sind Muchi und Nkala jetzt. Sie werden langsam von der Flasche entwöhnt und sind somit nicht mehr so stark auf ihre Pfleger angewiesen. Stattdessen werden sie sich der Herde anschließen, die für sie zu einer neuen Familie wird.
Als ich sah, wie Nkala und Muchi zusammen mit den älteren Elefanten in den Wald liefen, wurde mir bewusst, wie klein sie noch waren. Selbst die ältesten der Gruppe sind erst 8 bis 10 Jahre alt und damit sehr jung, um allein ihren Weg zu gehen (Elefantenkühe bleiben normalerweise bei der Mutterherde, während Jungbullen die Herde im „Teenageralter“ verlassen.).
Was wird die Zukunft für diese Elefanten bringen? Letztes Jahr starben zwei Tiere dieser Herde: eines wurde von einem Löwen getötet, ein anderes starb möglicherweise an einem Schlangenbiss. Seitdem sind die sorgsamen Mitarbeiter noch wachsamer. Jede Nacht bringen sie alle Elefanten zurück in das geschützte Gehege.
Aber wir können sie nicht für immer hier behalten. Wir wollen, dass sie in Freiheit leben und sich wilden Herden anschließen.
Wir setzen stets alles daran, die Elefanten zu retten, medizinisch zu versorgen, zu sozialisieren und auf ihre Auswilderung vorzubereiten. Wir analysieren sämtliche Daten und tauschen uns mit Kollegen aus, um ständig dazuzulernen und uns zu verbessern. Aber können wir ihnen alles geben, was sie brauchen? Können wir einem Elefanten beibringen, wie er sich vor einem Löwen oder einem anderen Raubtier schützen kann? Können wir einen Elefanten lehren, sich wie ein Elefant zu benehmen?
Wir können jedem Elefantenwaisen die Möglichkeit bieten, in die Wildnis zurückzukehren. Wir können alles tun, um die ausgewilderten Elefanten vor Gefahren zu schützen, vor allem vor solchen, die von uns Menschen verursacht werden. Wir können dazu beitragen, die Meinung der Gemeinden über Elefanten zu ändern. Wir können innovative Maßnahmen ergreifen, um den Konflikt zwischen Menschen und Elefanten abzumildern und hoffentlich zu lösen. Wir können uns dafür einsetzen, Elefanten und ihren Lebensraum zu schützen. Gleichzeitig finden wir neue Wege, um die Sicherheit, Versorgung mit Nahrungsmitteln und wirtschaftliche Nachhaltigkeit örtlicher Gemeinden zu verbessern.
Die Rehabilitation und Auswilderung von Elefanten ist ein langwieriger Prozess. Ein drei Monate altes Elefantenkalb zu retten bedeutet, dieses während der nächsten zehn bis zwölf Jahre aufzuziehen. Wie bei Kindern frage ich mich, in wieweit das Wesen eines Elefanten von seinen Genen und seiner Sozialisierung bestimmt wird. Wie können wir ihnen beibringen, sich wie wilde Elefanten zu benehmen? Wieviel können sie voneinander lernen? Wieviel können sie von den wilden Elefanten lernen, denen sie täglich im Wald begegnen?
Das Projekt wächst mit unseren Erfahrungen, und wir hoffen, wir können die Elefantenwaisen jetzt und in Zukunft bestmöglich auf ein langes und wundervolles Leben in der Wildnis vorbereiten.
Das Elefantenwaisenhaus ist ein Projekt der Organisation Game Rangers International. Es wurde von der David Shepherd Wildlife Foundation in enger Zusammenarbeit mit dem IFAW und der sambischen Naturschutzbehörde ins Leben gerufen.
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