Jenga Mama – Kenia
Wie Unabhängigkeit von Frauen Wildtiere schützen kannWie Massai-Frauen die Zukunft ihrer Familien verändern
Wie Massai-Frauen die Zukunft ihrer Familien verändern
Rund um den Amboseli-Nationalpark im Süden Kenias geraten Massai-Familien zunehmend in Konflikt mit Wildtieren über Weideland, Wasser und Lebensraum. Die Familien sind auf Ackerbau und Viehzucht angewiesen, aber wegen des Verlusts von Lebensraum und der Bodenverschlechterung aufgrund des Klimawandels stehen Wildtiere und Menschen in einen harten Wettbewerb um schwindende natürliche Ressourcen – manchmal mit tödlichen Folgen.
Der IFAW unterstützt 60 Frauen aus diesen stark patriarchalisch geprägten Gemeinden dabei, die Zukunft ihrer Familien positiv zu verändern.
Im Rahmen des Projekts Jenga Mama (Suaheli für „Empower a Woman“), das in Zusammenarbeit mit der deutschen Margarete-Breuer Stiftung konzeptionell erarbeitet wurde und durchgeführt wird, haben die Frauen ein Jahr lang eine Berufsausbildung ihrer Wahl durchlaufen. Sie überwinden damit gesellschaftliche Barrieren in der nach wie vor überwiegend patriarchisch geprägten Massai-Community. Zu den angebotenen Kursen gehörten Klempner-, Textil- und Friseurhandwerk, Lebensmittelverarbeitung sowie Informationstechnik.
Derzeit bereiten sich die Projektteilnehmerinnen intensiv auf ihren Berufseinstieg vor. Dabei stehen ihnen Mentoren zur Seite, und sie erhalten Unterstützung bei der Unternehmensgründung.
Bessere Zukunft für junge Frauen
Penina Lenkishon nimmt am Jenga Mama-Projekt teil. Sie entschied sich für eine Ausbildung zur Schneiderin. Als Penina in der achten Klasse war, wurde sie schwanger und musste die Schule abbrechen. Ihr Vater meldete sie daraufhin für einen Schneiderkurs an, aber sie verließ den Kurs, um zu heiraten und weitere Kinder zu bekommen.
Zwölf Jahre später hat sie ihre Ausbildung abgeschlossen und freut sich darauf, ihr eigenes Unternehmen zu gründen.
„Es ist gut, wieder zur Schule zu gehen“, sagt sie. „Ich bin davon überzeugt, dass dieser Kurs mir, meinen Kindern und meiner Familie helfen wird, denn ich werde meine Fähigkeiten nutzen, um Geld zu verdienen und für sie zu sorgen.
Ich möchte einen soliden, kleinen Betrieb aufbauen und Arbeitsplätze schaffen. Davon werden meine Familie und meine Gemeinde langfristig profitieren.“
Obwohl ihre Berufsausbildung viel harte Arbeit und Zeit ohne ihre Familie bedeutete, weiß sie, dass sie ein inspirierendes Vorbild für ihre fünf jungen Töchter ist.
„Die Kinder waren wirklich begeistert, als sie erfuhren, dass ich wieder zur Schule gehe. Ich möchte die Mädchen dazu motivieren, mehr zu lernen als ich, über die achte Klasse hinauszugehen, die ich erreicht habe, und einen Abschluss zu machen.“
Geschlechtergrenzen überwinden
Massai-Frauen sind die Säulen ihrer Gemeinschaften, da sie sich um ihre Familien und das Vieh kümmern. Dennoch werden sie marginalisiert, wenn es um Bildung, sozio-ökonomisches Empowerment und Beteiligung an Entscheidungsprozessen geht. Wie Penina brechen viele von ihnen die Schule vorzeitig ab, um ihre Familien zu unterstützen, oder um Kinder zu betreuen, aufgrund von Schwangerschaften oder frühe und erzwungene Hochzeiten.
Diese Realitäten stehen einer weiterführenden Ausbildung im Wege, so dass viele junge Frauen nur sehr wenige Möglichkeiten haben, eigenes Einkommen zu erwirtschaften.
„Es ist nicht einfach. Frauen werden immer herabgesetzt. Ihre Würde ist am Boden“, sagt Janet Saborev, die sich für eine Ausbildung als Klempnerin entschieden hat, weil es in ihrer Gemeinde keine Klempner gibt.
Illusionen über die Einstellung ihrer zukünftigen Kunden macht sie sich nicht: „Sie werden sagen: ‚Das ist eine Frau, die kann das doch nicht‘. Ich muss sie dann überzeugen und werde sagen: ‚Was ein Mann kann, das kann eine Frau schon längst.‘“
Vaterrolle überdenken
Da die Berufsbildungszentren zum Teil Hunderte von Kilometern von den Wohnorten der Frauen entfernt sind, haben viele von ihnen ihre Familien für Monate verlassen. In einigen Fällen bedeutete dies auch, dass die Männer der Familien die traditionell geprägten Ansichten der Gemeinden in Frage stellten.
Als Lucy Nailantei Manja für ein Jahr wegging, um eine Ausbildung zur Friseurin und Schönheitstherapeutin zu machen, kümmerte sich ihr Mann Festus um ihre vier kleinen Kinder im Alter zwischen vier und elf Jahren.
„Es wird geredet und es gibt viele negative Bemerkungen darüber, dass ich nur eine Frau habe und sie dann ziehen lasse, um weit weg von zu Hause eine Ausbildung zu machen. Aber das berührt mich nicht, denn die Nähe zu meinen Kindern – auch wenn es nicht immer einfach war – hat mir sehr gut getan und war sehr erfüllend. Das hat uns enger zusammengebracht.“
„Ich rate den Vätern in meiner Gemeinde, die Initiative zu ergreifen und mehr Zeit mit ihren Kindern zu verbringen und ihre Frauen dabei zu unterstützen, einer beruflichen Tätigkeit außerhalb des Haushalts nachzugehen.“
Vorbildfunktion übernehmen
Jenga Mama unterstützt diese Frauen dabei, eine zusätzliche Einkommensquelle zu erschließen. Das Projekt mindert nicht nur die finanziellen Risiken der Familien, wenn Ernten oder Viehbestände von Wildtieren zerstört werden. Es stärkt auch das Selbstvertrauen der Frauen und ermutigt sie dazu, Verantwortung zu übernehmen und an Entscheidungen mitzuwirken. Sie werden zu einer starken Stimme, wenn es darum geht, Lösungen für die Herausforderungen zu finden, mit denen sie derzeit konfrontiert sind – ganz gleich, ob es dabei um das Zusammenleben mit Wildtieren oder die Veränderung restriktiver Geschlechterrollen geht.
Beim IFAW haben wir die Erfahrung gemacht, dass Gemeinden eher bereit sind, sich an Programmen zum Schutz von Wildtieren zu beteiligen, wenn diese auch direkt oder indirekt für die Menschen von Nutzen sind.
In Kombination mit der Arten- und Naturschutzarbeit, die der IFAW bereits vor Ort leistet, wird auch Jenga Mama dazu beitragen, eine bessere Zukunft für Tiere und Menschen zu schaffen.
„Wir werden uns erheben“, verspricht Ann Nailantei, Auszubildende in der Lebensmittelverarbeitung. „Wir sind davon überzeugt, dass wir künftig eine wichtige Rolle spielen werden.“
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