Schutz Asiatischer Elefanten – China
Die Populationen des Asiatischen Elefanten erhalten, durch Förderung der friedlichen KoexistenzAm Rande des Xishuangbanna National Nature Reserve im Südwesten Chinas leben Menschen und die laut Roter Liste der IUCN stark gefährdeten Asiatischen Elefanten Seite an Seite.
Doch dies ist nicht immer konfliktfrei. Deshalb setzt sich der IFAW hier seit dem Jahr 2000 dafür ein, dass Elefanten und Menschen besser koexistieren können.
Ein Mann, Dafan Cao, war von Anfang an Teil des Projekts und hat beobachtet, wie die dort lebenden Menschen zu den engagiertesten Beschützern ihrer tierischen Nachbarn geworden sind.
Dies war nicht immer so.
Elefanten im Bezirk Simao
Im Jahr 1992 gelangte ein wildlebender Elefant in den Bezirk Simao der Stadt Pu'er, rund 50 Kilometer nördlich des Reservats. Einige Jahre später ließ sich eine Herde von fünf Elefanten nieder und machte die Region zu ihrem Zuhause.
Anfänglich sorgten die Elefanten für Begeisterung. Die Menschen strömten herbei, um diese prächtigen Tiere zu sehen. Jeder hielt es für einen Glücksfall, ihnen zu begegnen.
Doch mit der Zeit merkten die Menschen, dass die Elefanten auch Probleme mit sich brachten. Sie drangen in Wohngebiete ein und fraßen Mais-, Reis- und Zuckerrohrkulturen. Sie beschädigten Ackerland, Obstgärten und Häuser, verursachten wirtschaftliche Verluste und verletzten Menschen.
Auf der Suche nach Lösungen
Als Cao und sein Team das erste Mal in dieser Gemeinde ankamen, stellten sie fest, dass sich der einstmals große Lebensraum der Elefanten immer weiter verkleinerte, so dass die Tiere auf der Suche nach Nahrung gezwungen waren, in menschliche Gebiete vorzudringen.
Cao und sein Team erklärten den Menschen die Tierschutzgesetze, doch diese Gesetze gingen nicht ausreichend auf die wirtschaftlichen Verluste ein, die durch Elefanten verursacht wurden. Yunnan war einer der ersten Orte, an denen ein staatlich unterstütztes Entschädigungsprogramm für durch Wildtiere verursachte Schäden eingeführt wurde, doch die individuellen Entschädigungen schienen nie ausreichend zu sein.
Das Team erkannte, dass die Unterstützung der Menschen bei der Verbesserung ihrer Lebensbedingungen untrennbar mit dem Schutz der Elefanten verbunden war.
Im Juli 2000 starteten Cao und sein Team das Asian Elephant and Habitat Conservation and Community Development Project, das den traditionellen Schwerpunkt des Tier- und Artenschutzes mit der alleinigen Fokussierung auf den Schutz der Tiere auf einen ganzheitlicheren Ansatz verlagert und auch die Umstände und Interessen der Bevölkerung vor Ort berücksichtigt.
Verbesserung der Lebensgrundlagen
Eine der Initiativen des Projekts besteht darin, die Menschen beim Aufbau ihrer Lebensgrundlagen zu unterstützen. Durch die Bereitstellung von Kleinkrediten und landwirtschaftlichen Schulungen hilft das Projekt den Menschen, sich auf alternative und nachhaltige Einkommensmöglichkeiten umzustellen und so ihre Einnahmen zu verbessern.
Zenghua Wang ist einer der Teilnehmer. In den 1990er Jahren pflanzte Zenghua auf rund 32 Hektar Ananas und Bambus in den Bergen an. Als jedoch Elefantenherden in den Bergen auftauchten, wurden seine hoffnungsvolle Träume von einem besseren Leben zu einem Festmahl für die wildlebenden Elefanten.
Um seine Ernten zu schützen, lieh sich Zenghua Geld und grub einen großen, rund zwei Meter breiten und tiefen Graben, der das Gebiet umschloss. Doch die Regenzeit spülte den weichen Boden weg und den Graben zu, sodass die Elefanten auf der Suche nach Nahrung wieder in die Felder eindringen konnten. Über Nacht erlitt Zenghua schwere Verluste.
Zunächst glaubte Zenghua, dass das IFAW-Projekt wie viele Projekte anderer Natur- und Artenschutzorganisationen ablaufen würde – man würde vorübergehend Hilfe leisten und die dort lebenden Menschen dann mit ihren Problemen wieder allein lassen. Diese Art der Hilfe war nicht nachhaltig, und so zog er sich während der ersten Evaluierungsphase zurück.
Ein Jahr später entdeckte Zenghua jedoch, dass der IFAW die vor Ort lebenden Menschen weiterhin aktiv unterstützte. Der IFAW gab der lokalen Bevölkerung Hilfestellungen im Bereich Projektmanagement, lud Fachleute aus der Land- und Forstwirtschaft zu Schulungen ein und leitete die dort lebenden Menschen an, wissenschaftlichere Methoden zur Anpflanzung von Nutzpflanzen anzuwenden, um Elefanten nicht anzulocken. Zenghua beschloss, sich wieder an dem Projekt zu beteiligen.
Von 2000 bis 2005 wurden im Rahmen des Projekts Kleinkredite an über 210 Haushalte in sieben Gemeinden der Stadt Pu'er vergeben, um sie bei der Umstellung auf Kulturen zu unterstützen, die nicht nur wirtschaftlich wertvoll sind, sondern auch zur Reduzierung der Kohlendioxidemissionen beitragen und gleichzeitig von Elefanten weniger bevorzugt werden.
Bemerkenswerterweise stieg das durchschnittliche Jahreseinkommen der einzelnen Haushalte um 35 %, bei einer Rückzahlungsquote von 100 %.
Imkerei für eine größere Sache
Im Jahr 2020 startete der IFAW darüber hinaus ein Pilotprogramm zur Bienenhaltung im Dorf Daotangqing, das an das Schutzgebiet angrenzt. Daotangqing ist ein kleines Dorf mit nur 34 Haushalten, und die dort lebenden Menschen bauen hauptsächlich Kautschuk, Nüsse, Mangos und andere Feldfrüchte an.
Im Vergleich zu den umliegenden Dörfern gibt es in Daotangqing relativ wenig Wald und Ackerland. Die Anwesenheit der Asiatischen Elefanten schränkt die Möglichkeiten der in Daotangqing lebenden Menschen ein, andere Lebensgrundlagen zu entwickeln.
Im Juni 2020 starteten der IFAW, das Xishuangbanna National Nature Reserve und die Xishuangbanna Tropical Rainforest Conservation Foundation gemeinsam das Imkereiprojekt. Die erste Charge von 100 Bienenstöcken wurde an zehn Haushalte verteilt. Ziel war es, eine nachhaltige Einkommensalternative zu finden, die Marktschwankungen standhält und gleichzeitig die Elefanten und die natürliche Umwelt schützt. Die Bienen bestäuben auch die Pflanzen im Schutzgebiet und tragen dazu bei, die Biodiversität im Kernlebensraum des Asiatischen Elefanten zu erhalten.
Cao erklärte, dass die Imkerei im Vergleich zu anderen landwirtschaftlichen Tätigkeiten einen geringeren Arbeitseinsatz erfordert. Jede Familie braucht nur eine begrenzte Anzahl von Bienenstöcken zu unterhalten. Die in der Imkerei tätigen Menschen verbringen alle zehn Tage rund sechs Stunden mit der Pflege der Bienenstöcke. Cao leitete die im Dorf Daotangqing lebenden Menschen beim Erlernen der Imkerei, des umweltfreundlichen Anbaus von Obstbäumen, der Pflege der Bienenstöcke und der Honiggewinnung an.
Einer der Projektteilnehmer ist Baolin Luo. Ein Mann, der sich bereits in seinen Siebzigern befindet. Im Gespräch mit Cao räumt er ein, dass sein Körper die körperliche Arbeit der traditionellen Landwirtschaft nicht mehr bewältigen kann. Er ist der älteste unter den am Projekt teilnehmenden Menschen und besitzt die meisten Bienenstöcke. Freudig präsentiert er die Preise, die er bei den vom IFAW organisierten Aktivitäten gewonnen hat. Im Jahr 2022 hat er 100 Kilogramm Honig geerntet, was ihn mit Stolz erfüllt.
Im April 2023 brachte der IFAW in Zusammenarbeit mit der E-Commerce-Plattform Hema eine limitierte Auflage des ersten kohlenstofffreien und „elefantenfreundlichen“ Honigs auf den Markt. 3.000 Flaschen werden exklusiv in den Online- und Offline-Läden von Freshippo in China verkauft.
Mit der Imkerei zum Schutz des Ökosystems
Je weiter das Projekt voranschritt, desto mehr wurde den am Projekt teilnehmenden Menschen die Bedeutung des umliegenden Waldes und der Elefanten für das Ökosystem bewusst. Sie haben sogar über 38 Hektar Kautschukplantagen gerodet, um Platz für umweltfreundliche Obstbäume zu schaffen. Das Projekt reduzierte auch den Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln, senkte die Arbeitskosten und verbesserte die Bodenvegetation.
Die Imkerei hat dazu geführt, dass die lokale Bevölkerung den Wald seltener betritt, und viele von ihnen setzen sich freiwillig für den Schutz der Elefanten ein.
Shaokuan Wang, 23, erinnert sich an die Arbeit in einer Kautschukplantage, wo er oft die Nacht durcharbeitete und mit ungünstigen Wetterbedingungen zu kämpfen hatte. Wang sah sich auch mit Absatzschwierigkeiten infolge der Sättigung des Marktes konfrontiert, was das Geldverdienen zusätzlich erschwerte.
„Junge Menschen müssen etwas Sinnvolles tun, neue Dinge entdecken“, sagt er über seine Entscheidung, am Imkereiprojekt teilzunehmen. „All diese Erfahrungen werden zu schönen Geschichten, die ich mit meinen zukünftigen Kindern teilen kann.“
Er verkaufte den gewonnenen Honig über Online-Plattformen und erstellte Videos, die die Schönheit des Dorfes, die Geschichte hinter dem Imkereiprojekt und die Bedeutung des Elefantenschutzes zeigen. Er ist sehr froh darüber, dass dadurch nicht nur der Honigverkauf gestiegen ist, sondern auch mehr Menschen von dem Dorf und dem Imkereiprojekt erfahren konnten.
Frauen gehen voran
Viele der teilnehmenden Frauen waren anfangs zurückhaltend und unerfahren darin, eine Führungsrolle zu übernehmen oder sich zu äußern. Trotzdem übernahmen sie im Laufe der Zeit die Führung ihrer Gruppen und erzielten bemerkenswerte Einkommenssteigerungen.
Als Jiangmei Zhang, 39, zum ersten Mal von dem Imkereiprojekt hörte, schüttelte sie schnell den Kopf und lehnte ab, da sie Angst vor den Stichen der Bienen hatte. Heute jedoch verwaltet sie alle Aspekte der Bienenhaltung selbst, und ihr Erfolg hat andere Frauen dazu inspiriert, ebenfalls mitzumachen.
„Die Menschen haben immer den Eindruck, dass Bienen fleißig und beschäftigt sind, aber seit ich an dem Imkereiprojekt teilnehme, hat sich mein Leben entschleunigt“, sagt sie. „Das Einkommen aus der Bienenhaltung ermöglicht es mir, Zeit mit meiner Familie zu verbringen.“
Während sich ihre Lebensbedingungen allmählich verbessern, haben die im Dorf lebenden Menschen ein neues Verständnis für die Beziehung zwischen Mensch und Natur entwickelt. Sie kümmern sich jetzt aktiv um die Sauberkeit und Hygiene im Dorf. Plastikmüll liegt nicht mehr überall verstreut, und ist gibt weniger Gülle und Abwasser aus der Viehzucht.
„Wir teilen dieselbe Umwelt mit Bienen und Elefanten, und nur, wenn die Umwelt rund um das Dorf gut gepflegt wird, ist der Honig, den wir produzieren, hygienisch und kann zu einem guten Preis verkauft werden!“ sagt Zhang.
Mehr Sicherheit für Mensch und Elefant
Im Rahmen des Projekts wurde auch Chinas erstes Frühwarnsystem auf Gemeindeebene in Pu'er City eingeführt, das mehr als 40 Gemeinden in vier Stadtbezirken umfasst. Zwischen 2009 und 2014 kam es in diesen Gebieten zu keinem einzigen Mensch-Elefant-Konflikt.
Im Jahr 2016 stattete das Frühwarn- und Überwachungszentrum für Asiatische Elefanten im Kreis Menghai in Xishuangbanna 20 Regierungsangestellte, die auf Patrouille gehen, mit spezieller Gerätschaft aus, um ihre Überwachungsmöglichkeiten zu verbessern. Das System deckt nun mehr als 50 wichtige Gemeinden ab, in denen Asiatische Elefanten vorkommen, und kommt mehr als 50.000 Anwohnenden zugute. Nach Angaben der lokalen Regierung hat das Überwachungssystem bis Mai 2019 57 Mensch-Elefant-Konflikte erfolgreich verhindert.
Im Jahr 2021 wurde die Community Ranger Network Initiative ins Leben gerufen, um die Sicherheit von Menschen und Elefanten in der Region zu verbessern. Der IFAW bildete 30 Rangerinnen und Ranger umfassend aus, die Sicherheitstrainings für die lokale Bevölkerung durchführen. Innerhalb von zwei Jahren hat die Initiative 94 % der 191 Gemeinden in Jinghong, in denen Elefanten leben, geschult. Über 330 Schulungen wurden für mehr als 11.000 Gemeindemitglieder durchgeführt. Der IFAW unterstützt auch regelmäßige Patrouillen und führt Aufklärungsprogramme in den Gemeinden durch, um Mensch-Elefant-Konflikte zu vermeiden.
Jüngere Generationen aufklären
Der IFAW hat auch mit den Bildungsbehörden von Xishuangbanna und den örtlichen Schulen zusammengearbeitet, um das Lehrbuch "Knowing Elephants" (dt.: Elefanten kennen) sowie eine Reihe von Kursen zum Schutz der Asiatischen Elefanten zu entwickeln, die mehr als 30.000 Schüler:innen aus mindestens 60 örtlichen Schulen erreichen. Mehr als 500 in der Reiseleitung und anders im Tourismus tätige Menschen wurden darin geschult, wie Besucherinnen und Besuchern in Yunnan der Schutz der Asiatischen Elefanten nahegebracht werden kann.
Durch diese Interaktionen und Initiativen haben viele lokale Gemeinden in Yunnan wieder ein Gefühl des Stolzes auf den Schutz der Asiatischen Elefanten entwickelt.
Die Reise geht weiter
Cao erinnert sich daran, was ein Ranger der Gemeinde zu ihm sagte, nachdem er in der Ferne eine Gruppe Asiatischer Elefanten beim Fressen gesehen hatte: „Sie fraßen auf der einen Seite des Berges, und ich aß hier zu Mittag. Ich war wirklich zufrieden. Ist das nicht die Harmonie zwischen uns und den Elefanten?“
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