Grace Ge Gabriel
Damit Tiere und Menschen hier auf der Erde überleben können, müssen wir unser Verhalten ändern.
Lernen wir aus der Coronavirus-Epidemie?
Eine Werbetafel auf dem Huanan-Tiermarkt in der zentralchinesischen Stadt Wuhan jagt mir einen Schauer über den Rücken. Der Markt gilt nach Ansicht von Wissenschaftlern als Keimzelle der Epidemie.
Die Werbung des Geschäfts, das „Wildgeschmack“ in seinem Namen trägt, liest sich wie das Produktangebot einer Metzgerei mit angeschlossenem Wildtierzoo. Lebende Pfauen, Stachelschweine, Ratten, Füchse, Krokodile, Wolfswelpen, Schildkröten, Schlangen, Frösche, Wildschweine... sowie das Fleisch, die Füße, das Blut, die Eingeweide und andere Körperteile dieser und anderer Tiere. Insgesamt über einhundert Produkte von mehr als 70 Arten werden beworben.
Als IFAW-Regionaldirektorin für Asien sind mir Werbetafeln wie die auf dem Huanan-Tiermarkt in Wuhan leider nur allzu vertraut.
Solche Lebendtiermärkte, auf denen auch Wildtiere angeboten werden, sind der perfekte Ort für zoonotische Viren, die vom Tier zum Menschen überspringen können. Hier kommen exotische Arten in engen Kontakt mit Menschen. Der Stress der Gefangenschaft schwächt das Immunsystem der Tiere und schafft ein Umfeld, in dem Viren mutieren und von einer Art zur anderen springen können. Manchmal wird so ein neuartiges Virus dann auf den Menschen übertragen, wie 2003 bei der SARS-Epidemie und wie auch jetzt mit dem Coronavirus.
Am 26. Januar verboten die chinesischen Behörden vorläufig den Handel mit Wildtieren auf Märkten, in Restaurants und im Internet. Die Zucht, der Transport oder der Verkauf von Wildtieren sind „ab dem Datum der Bekanntgabe bis zum Ende der landesweiten Epidemie verboten“, heißt es in der Vorschrift, die von den drei für die Regulierung der Vieh- und Wildtiermärkte zuständigen Behörden erlassen wurde.
Durch diese Maßnahme lässt sich die Zahl der Kontakte zwischen Menschen und Wildtieren vorübergehend senken. Doch so lange die kommerzielle Verwertung von Wildtieren gesetzlich erlaubt ist, wird das einstweilige Verbot nur die Auswirkungen, nicht aber die Ursache der Epidemie bekämpfen.
Rechtlich ist es in China derzeit zulässig, 54 Wildtierarten von „wirtschaftlichem Wert“ über ein Lizenzsystem zu züchten, zu transportieren und zu verkaufen – darunter auch Krokodile, Schildkröten und Zibetkatzen. Chinesische Umweltschützer erheben den Vorwurf, dass diese staatlichen Lizenzen von skrupellosen Händlern häufig auch dazu genutzt werden, illegal getötete oder eingefangene Wildtiere an Märkte und Restaurants zu verkaufen.
Die Koexistenz legaler und illegaler Wildtiermärkte erschwert die Strafverfolgung und die Bemühungen um eine Reduzierung der Nachfrage. Das ist einer der Gründe, weshalb China ein mutiges und konsequentes Elfenbeinhandelsverbot ausgesprochen hat. Diese klare Regelung erleichtert den Beamten der Vollzugsbehörden die Arbeit, da die Beweislast bei den Kriminellen liegt. Nach Inkrafttreten des Verbots im Jahr 2017 griffen die Strafverfolgungsbehörden sowohl auf den physischen als auch auf den Online- Märkten konsequent durch, was zu einem deutlichen Rückgang des Elfenbeinhandels in China führte.
Eine IFAW-Studie ergab, dass Strafen durch Gesetze ein wirksames Mittel gegen den Konsum von Wildtieren sind. In den letzten zwei Jahren erreichte unsere öffentliche Kampagne 80 Prozent des urbanen Chinas. Mit der Kampagne machten wir auch auf die strafrechtlichen Konsequenzen des Konsums von Schuppentieren, Elfenbein, Nashorn-Horn und Tigerknochen aufmerksam und fanden dafür breite Unterstützung in der chinesischen Privatwirtschaft.
Insgesamt sind wir der Ansicht, dass die Senkung der Nachfrage durch Verbraucher und des Marktangebots Hand in Hand gehen müssen.
Chinas Web-Giganten Baidu, Alibaba und Tencent verfolgen seit langem eine Null-Toleranz-Politik gegenüber dem Wildtierhandel. Bereits vor über einem Jahrzehnt verboten Alibaba und deren chinesische Tochtergesellschaft Taobao den Handel mit Produkten von Elefanten, Tigern, Nashörnern, Bären, Schuppentieren, Schildkröten und Haien auf ihren Seiten und waren damit führend in der Schließung von Online-Marktplätzen für den Handel mit gefährdeten Arten.
Mit der Entwicklung der Coronavirus-Epidemie zu einem weltweiten Notstand ist auch der Handel mit Wildtieren nicht mehr nur ein Tierschutzproblem, sondern ein Problem des Gesundheitswesens. Eine Frage der Biosicherheit. Eine Frage der nationalen Sicherheit.
Wie viele Coronaviren- und SARS-Epidemien müssen noch kommen, bis politische Entscheidungen sich nicht mehr am wirtschaftlichen, sondern am ökologischen Wert von Wildtieren orientieren?
– Grace Ge Gabriel, Leiterin des IFAW-Regionalbüros Asien
Grace Ge Gabriel
Damit Tiere und Menschen hier auf der Erde überleben können, müssen wir unser Verhalten ändern.
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