Lebensraumschutzprojekt Malawi/Sambia
Lebensräume überschreiten Grenzen, Wilderer ebenfallsBienenzucht in Malawi und Sambia bietet viel Potenzial
Bienenzucht in Malawi und Sambia bietet viel Potenzial
von Charles Mpaka, Umweltjournalist aus Malawi
In den üppigen Landschaften um den Kasungu-Nationalpark in Malawi und bis hin zum Lukusuzi-Nationalpark in Sambia vollzieht sich eine stille Revolution für den Natur- und Artenschutz: Die lokalen Gemeinden setzen zunehmend auf die Bienenzucht als nachhaltige Lebensgrundlage und wenden sich gleichzeitig von Praktiken wie der Wilderei sowie dem Fällen von Bäumen für Brennholz in Schutzgebieten ab.
Die zunehmende Rentabilität der Bienenzucht treibt diesen Wandel an und sorgt für ein weiteres einkommensschaffendes Tätigkeitsfeld neben klimafreundlicher Landwirtschaft.
Anthony Chatama, eine lokale Führungspersönlichkeit in Kasungu, äußert sich optimistisch über die Zukunft der Bienenzucht. „Nach den ersten Erfahrungen, die wir gemacht haben, sehen wir viele potenzielle Vorteile in der Bienenzucht“, sagt er. „Nicht zuletzt sehen wir auch verbesserte Einkommen für unsere Familien und unsere Genossenschaften, die einen wesentlichen Beitrag zum Aufbau von Gemeinschaftsprojekten leisten.“
Die Honiggewinnung ist in diesen Gemeinden nicht unbedingt neu. Sie ist eine jahrhundertealte Tradition in Afrika. Entweder ernten die Menschen den Honig von Bienenvölkern, die sie zufällig finden oder indem sie den Bienen zu deren Baum- und Bodenhöhlen folgen. Sie tun dies oft nachts, wenn die Bienen inaktiv sind. In der Regel nutzen die Menschen dabei keine Schutzkleidung, dafür aber Feuer und Rauch, um Angriffe der Bienen zu verhindern. Der gesammelte Honig ist hauptsächlich für den Eigenbedarf bestimmt, der Überschuss wird jedoch unverarbeitet weiterverkauft.
Wie die Bienenzucht der Tierwelt zugutekommt
Die Gebiete Kasungu und Lukusuzi sind Teil des grenzüberschreitenden Naturschutzgebiets Malawi-Sambia (TFCA), in dem der IFAW tätig ist – dazu gehören drei Nationalparks und die umliegenden Gemeinden.
Es ist eine elementare Landschaft für unsere Initiative „Room to Roam“: Sie ist für die saisonalen Wanderungen von Elefanten von großer Bedeutung. Doch auch hier kommt es manchmal zu Konflikten zwischen Menschen und Elefanten – hauptsächlich mit Kleinbauern- und bäuerinnen, die auf ihre Ernte als Einkommen angewiesen sind.
Room to Roam bemüht sich um den Aufbau klimaresilienter Landschaften, in denen Menschen und Tiere trotz der Herausforderungen der Klimakrise gemeinsam besser koexistieren können.
In Zusammenarbeit mit Partnern schult das Projekt in der Landwirtschaft tätige Menschen in klimafreundlichen Anbaumethoden und im Anbau dürreresistenter Pflanzen, fördert die biologische Vielfalt und verhindert die Abholzung von Wäldern.
Einkommensmöglichkeiten
Bis vor kurzem war die Honigproduktion in diesen Gemeinden kein organisiertes einkommensschaffendes Tätigkeitsfeld. Es war einfach eine Möglichkeit, von dem vorhandenen Angebot der Natur zu profitieren.
In den Gemeinden um Kasungu beginnen die Menschen daran zu glauben, dass mit besseren Produktionsprozessen und Marketing Geld aus der Honigproduktion erwirtschaftet werden kann. Das liegt daran, dass selbst ohne einen strukturierten Markt der Verkauf von unverarbeitetem Honig knapp 5 Euro pro Liter auf den Dorfmärkten oder knapp 2,50 Euro an Gelegenheitskäufer:innen einbringt.
Phillip Namagonya, IFAW Community Engagement Officer, ist allerdings der Ansicht, dass es noch ein langer Weg ist, bis dieses neu hinzugekommene kommerzielle Tätigkeitsfeld ihr volles Produktionspotenzial erreichen wird und der dort produzierte Honig auf den nationalen, regionalen und internationalen Märkten wettbewerbsfähig sein wird – erst dann wären angemessene Erträge und Rentabilität garantiert.
„Durch Schulungen zur Wertschöpfung, zur richtigen Ernte und Verarbeitung sowie durch die Bereitstellung von Informationen über die aktuelle Marktlage können die in der Imkerei tätigen Menschen ihr Unternehmen noch rentabler machen“, sagt Namagonya. „Der IFAW arbeitet mit Partnern wie Community Markets for Conservation (COMACO) zusammen, die über das nötige Fachwissen verfügen, um diesbezüglich zu helfen.“
Der Markt für Honig ist riesig und die Nachfrage ist nicht gedeckt. Daten aus 2020 von Africa Eats, einer panafrikanischen Holdinggesellschaft, die aus einer Reihe lokal geführter Lebensmittel- und Landwirtschaftsunternehmen besteht, zeigen, dass in Malawi von den jährlich nachgefragten 200 Tonnen Honig nur 60 bis 90 Tonnen durch die heimische Produktion geliefert werden.
International bieten Entwicklungen im Nachbarland Tansania, das an Malawi und Sambia grenzt, Einblicke in bestehende Möglichkeiten auf dem Honigmarkt. Die lokalen Medien in Tansania berichteten kürzlich, dass Ostafrika einen Honig-Exportvertrag mit China, das jährlich 32 Millionen Tonnen Honig benötigt, abgeschlossen hat. Dem Bericht zufolge verdient Tansania bereits knapp 73 Millionen Euro pro Jahr mit dem Export von Honig und Bienenprodukten.
Aufgrund der steigenden Nachfrage nach Honig auf lokalen und internationalen Märkten ist jedoch ein größeres Angebot erforderlich. Um diese Nachfrage zu decken und den Gemeinden eine Lebensgrundlage zu bieten, lieferte der IFAW im vergangenen Jahr fast 300 Bienenstöcke an Genossenschaften in vier Chiefdoms“ (sinngem. in dt. „Stammesgebiete“) rund um Kasungu. Die Bienenstöcke wurden in Wäldern in Gemeinden aufgestellt, die an den Park angrenzen. Die diesjährige Honigernte ist bereits im Gange – bis Juli 2024 wurden schon 700 Kilogramm gesammelt.
In Malawi-Sambia, wo der IFAW mit COMACO zusammenarbeitet, wurden im Rahmen des Projekts insgesamt 1.500 Bienenstöcke verteilt – fünf für jeden der 300 Haushalte.
Wiederaufforstung und Prävention vor Mensch-Wildtier-Konflikten
Über den wirtschaftlichen Nutzen hinaus ist die Bienenzucht ein strategisches Instrument zum Natur- und Artenschutz. Sie trägt zum Schutz der Wälder und der Artenvielfalt bei.
„Es ist eine Möglichkeit, den Wald in unserer Gegend wiederherzustellen, denn man braucht Bäume, um Bienenstöcke aufzuhängen“, sagt Chatama. „Der Waldschutz bringt mehrere Vorteile für unser Ökosystem mit sich.“
Die Bienenzucht ist auch eine Möglichkeit, mit möglichen Konflikten zwischen Menschen und Elefanten umzugehen. Nach wir vor betreten Menschen geschützte Gebiete, um Ressourcen wie Holz, Wasser oder Nahrungsmittel zu gewinnen und Geld für ihre Haushalte zu verdienen. Mit florierenden Imkereibetrieben müssen diee Menschen nicht mehr in die Schutzgebiete eindringen und sich dort der Gefahr von Angriffen durch Wildtiere aussetzen.
Die Bienenzucht bietet auch eine naturverträgliche Möglichkeit die Wahrscheinlichkeit von Konflikten zwischen Menschen und Elefanten zu verringern. Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass Bienenstockzäune Elefanten effektiv davon abhalten können, in landwirtschaftlich genutzte Gebiete einzudringen.
Eine Studie, die in Kenia durchgeführt und 2011 im African Journal of Ecology veröffentlicht wurde, ergab, dass Bienenstockzäune, die zwischen einer Farm und Schutzgebieten errichtet wurden, Elefanten davon abhielten, in landwirtschaftlich genutzte Gebiete einzudringen. Eine Reihe von weiteren Studien hat seitdem ähnliche Ergebnisse erbracht.
Elefanten haben trotz ihrer enormen Größe eine natürliche Angst vor Bienen – aufgrund ihres Summens, Geruchs und Stachels. Sie halten sich also fern, um sich selbst zu schützen.
Investitionsbedarf
Malidadi Langa, Vorstandsvorsitzender der Kasungu Wildlife Conservation for Community Development Association (KAWICCODA), einer von der Gemeinde geführten Organisation, beschreibt die Bienenzucht als eine naturbasierte, einkommensschaffende Natur- und Artenschutzstrategie. Er ruft Partner dazu auf, in die gesamte Honig-Wertschöpfungskette zu investieren, um die Möglichkeiten der Bienenzucht von der Produktion bis zur Vermarktung zu maximieren.
„Hilft man den in der Imkerei tätigen Menschen bei der Honigverarbeitung, -verpackung und -vermarktung, könnte dieses Tätigkeitsfeld einen wesentlichen Beitrag zum Natur- und Artenschutz und zur Verbesserung der Lebensgrundlagen leisten“, sagt Langa.
Da sich die Bienenzucht immer mehr etabliert, besteht ein dringender Investitionsbedarf in der gesamten Wertschöpfungskette. Verbesserungen bei der Honigverarbeitung, -verpackung und -vermarktung könnten den Beitrag der Branche zu Natur- und Artenschutzbemühungen sowie nachhaltigen Lebensgrundlagen erheblich steigern.
Aufgrund der Tatsache, dass diese Gemeinden das alte Handwerk der Imkerei nutzen, um einen neuen Weg in Richtung wirtschaftlicher Unabhängigkeit und Umweltschutz zu beschreiten, wird die Unterstützung durch internationale Partner von entscheidender Bedeutung sein, um das volle Potenzial dieses in vielerlei Hinsicht vielversprechenden Unterfangens auszuschöpfen.
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