Lebensraumschutzprojekt Malawi/Sambia
Lebensräume überschreiten Grenzen, Wilderer ebenfallsVor einem Jahr fand die lange vorbereitete Umsiedlung von 263 Elefanten aus dem Liwonde-Nationalpark über eine Strecke von knapp 500 Kilometern quer durch Malawi in ein neues, sicheres Zuhause im Kasungu-Nationalpark statt.
Heute hat sich die Elefantenpopulation in Kasungu weiter erholt, und die Zahl der Touristen steigt. Die ehrgeizige Umsiedlung einer Rekordzahl von Elefanten hat dazu beigetragen, Kasungu wieder zu einem attraktiven Nationalpark des südlichen Afrikas zu machen.
Erste Bemühungen zur Stärkung der Elefantenpopulationen
Kasungu war einst das Juwel unter den Nationalparks Malawis. Jahrelange Vernachlässigung und Wilderei dezimierten die vielfältige Wildtierpopulation. Die Zahl der Elefanten sank von über 2.000 in den 1970er Jahren auf unter 50. Das einst beliebte Touristenziel verlor seinen Reiz, weil es keine Wildtiere mehr zu sehen gab.
Der IFAW unterstützt die Schutzbemühungen der malawischen Nationalpark- und Wildtierbehörde (DNPW) seit vielen Jahren und hilft beim Aufbau von Kapazitäten durch Schulungen und Ausrüstung, Verbesserung der Infrastruktur (z.B. Unterkünfte) sowie bei der Sicherung von Lebensräumen und der Einbindung der Menschen vor Ort.
Unser von USAID unterstütztes Projekt zur Bekämpfung der Wildtierkriminalität im grenzüberschreitenden Schutzgebiet von Malawi-Sambia begann in Kasungu mit dem Ziel, die Elefantenpopulationen zu stabilisieren oder zu vergrößern, indem die Wilderei verringert und die Koexistenz zwischen Mensch und Tier gefördert wird.
Im Jahr 2015 lebten im Kasungu-Nationalpark nur noch knapp 50 Elefanten. In der Folgezeit bis 2022 konnten der IFAW und das DNPW praktisch alle Formen der Wilderei und der Wildtierkriminalität stoppen, ein Team engagierter, gut ausgebildeter und motivierter Ranger aufbauen, die Infrastruktur erneuern und der lokalen Wirtschaft neue Impulse geben. Die Zahl der Elefanten stieg auf 120.
Der nächste Schritt: Umsiedelung
Trotz der ersten Erfolge reichte die Zahl der Elefanten in Kasungu nicht aus, um langfristig eine gesunde und überlebensfähige Population zu gewährleisten. Deshalb war schnell klar, dass Kasungu Elefanten der rasch wachsenden Population aus dem einige hundert Kilometer östlich gelegenen Liwonde-Nationalpark aufnehmen würde, die die Kapazitäten dieses Parks bereits an die Grenzen brachte. Der in Malawi gelegene, rund 580 Kilometer große Liwonde Nationalpark ist der zweitkleinste des Landes. Seine wachsende Elefantenpopulation machte es möglich - und notwendig -, einige Tiere umzusiedeln.
Die organisatorisch sehr aufwändige Umsiedelung in Zusammenarbeit mit dem DNPW Malawi und African Parks erforderte jede Menge Unterstützung: von Logistikexperten und Veterinärteams über Hubschrauber bis hin zu einer Flotte speziell modifizierter Lastwagen. Mitte 2022 wurden dann über viele Wochen hinweg täglich bis zu 27 Elefanten umgesiedelt. Die Elefanten wurden in Transportcontainer verladen und dann in ihr fast 500 Kilometer entferntes neues Zuhause gebracht.
Wissenschaft als Wegbereiter
Heute lernen die um den Kasungu-Nationalpark lebenden Menschen gemeinsam mit ihren großen Nachbarn zu leben.
Der IFAW nutzt wissenschaftliche Erkenntnisse, um praktische Lösungen zu entwickeln. Dazu gehört auch der Bau von einem kilometerlangen, solarbetriebenen Elektrozaum, der Konflikte zwischen Menschen und Elefanten an der östlichen Grenze des Nationalparks verringern wird. Die ersten 70 Kilometer stehen bereits und weitere 20 Kilometer werden voraussichtlich bis Ende des Jahres fertiggestellt sein. Eine von den Gemeinden vor Ort für den Bau des Zauns gegründete Gesellschaft beschäftigt über 100 Männer und Frauen. Weitere 17 festangestellte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen prüfen täglich die Funktionsfähigkeit des Zauns und kümmern sich um die Instandhaltung.
Die Wissenschaft liefert uns auch die erforderlichen Informationen, um den Erfolg dieses ehrgeizigen Vorhabens zu gewährleisten. Einerseits, um die Elefanten- und Wildtierpopulation in Kasungu aufzustocken und den Park wieder zu einem Wirtschaftsmotor der Region zu machen. Aber auch damit Elefanten in Malawi und Sambia ganz im Sinne der IFAW-Initiative „Room to Roam“ wieder genug Platz zur Verfügung haben und sich über Grenzen hinweg durch ihre Lebensräume frei bewegen können.
Zum Zeitpunkt der Umsiedlung statteten wir fünf Elefanten (vier Weibchen und einen Bullen) aus den Herden im Kasungu-Nationalpark mit Funkhalsbändern aus; von den umgesiedelten Elefanten wurden 19 Kühe und fünf Bullenbesendert. Die Bewegungen der Tiere können so genau überwacht werden und führen zu aufschlussreichen Erkenntnissen.
Unsere Daten zeigen, dass die ursprünglich in Kasungu ansässigen Elefanten hauptsächlich in den Gebieten bleiben, die sie schon immer bewohnt haben. Die umgesiedelten Elefanten hingegen erkunden ihre neue Umgebung ausgiebig und beschränken sich dabei nicht auf das Parkgelände.
Einbindung der Menschen vor Ort
Der westliche Teil des Kasungu Nationalparks liegt an der Grenze zu Sambia. Der Nationalpark wird entlang seiner internationalen Grenze ohne Zaun bleiben, damit sich die Elefanten frei zwischen den beiden Ländern bewegen können. Nicht allzu weit entfernt liegt auf sambischer Seite der Lukusuzi National Park, und immer wieder wandern Elefanten und andere Wildtiere zwischen diesen Nationalparks hin und her.
Das hat zu Konflikten mit Gemeinden vor Ort und tragischerweise auch zu einigen Todesfällen geführt. Der IFAW ist bestürzt von den Ereignissen und in Gedanken bei den betroffenen Familien und Gemeinden und hilft mit Unterstützung, wo sie benötigt wird.
Sowohl Patricio Ndadzela, IFAW-Länderdirektor für Malawi und Sambia, als auch Brighton Kumchedwa, Leiter der malawischen Nationalpark- und Wildtierbehörde (DNPW), sehen die Herausforderungen, erklären aber, dass Überschreitungen in von Menschen besiedelten Gebieten leider nicht ungewöhnlich sind, wenn umgesiedelte Elefantenpopulationen sich in ihrer neuen Umgebung einrichten.
„Sie versuchen, ihr Territorium zu etablieren. Sie bewegen sich von einer Ecke des Parks zur anderen oder darüber hinaus und erkunden ihren Lebensraum, bis sie sich gegebenenfalls schließlich niederlassen“, sagt Kumchedwa.
„Der IFAW arbeitet eng mit den Gemeinden zusammen, um sicherzustellen, dass alle informiert sind und wissen, was sie tun können, wenn sich Elefanten nähern“, sagt Ndadzela.
„Unsere Teams gehen auf die Gemeinden zu, schulen und sensibilisieren die Menschen, damit sie ihr Verhalten und ihren Umgang mit den Elefanten besser steuern können. Außerdem haben wir rund um die Uhr unsere „Rapid Response Units“ im Einsatz, die sofort reagieren können, wenn Elefanten den Farmen oder Siedlungen zu nahekommen“, so Ndadzela weiter.
Ergebnisse
Die Umsiedelung von 263 Elefanten in den Kasungu-Nationalpark hat sich bereits positiv ausgewirkt. Es kommen wieder mehr Touristen in den Park und die Gemeinden profitieren von den gestiegenen Beschäftigungsmöglichkeiten. Die Kasungu Wildlife Conservation for Community Development Association (KAWICCODA), eine mit Vertretern der umliegenden Dörfer besetzte Kooperative, hat mit dem Park einen Vertrag zur Aufteilung der Einnahmen unterzeichnet. Mit diesem Geld kann die Kooperative verschiedene Entwicklungsprojekte finanzieren, darunter den Bau von Unterkünften für Lehrkräfte, die Unterstützung von Gesundheitszentren und die Errichtung einer Lodge in der Nähe der Haupteinfahrt zum Park. Imkereibetriebe und der Bau einer Maismühle wurden mit der Unterstützung des IFAW ermöglicht.
Das Projekt zur Bekämpfung der Wildtierkriminalität endete 2022. Der IFAW wird jedoch auch weiterhin die Fertigstellung des Zauns sowie Maßnahmen fördern, die zum Wohlergehen der Gemeinden in der Region beitragen. Wir unterstützen Kooperativen beim Ausbau der Bewässerungsinfrastruktur, um landwirtschaftliche Erträge zu verbessern. Insgesamt zielen die Bemühungen darauf ab, nachhaltigen Naturtourismus zu entwickeln, das Management von Schutzgebieten zu fördern und die Lebensbedingungen in der Kasungu-Region zu verbessern.
Elefanten stehen im Mittelpunkt der IFAW-Initiative Room to Roam, mit der wir Lebensräume verbinden wollen, um Wildtieren und Menschen den Platz zu geben, den sie für die Zukunft brauchen. Auf sicheren Wanderkorridoren können sich Elefanten und andere Wildtiere in ihrem Lebensraum frei bewegen. Damit fördern wir die Artenvielfalt, wirken dem Klimawandel entgegen und schaffen eine bessere Zukunft für Tiere und Menschen.
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