Großkatzen in Gefangenschaft: Rettung und Lobbyarbeit - USA
Es leben mehr Tiger in den USA in Gefangenschaft als in freier Wildbahn“Tiger King“ gesehen? Dann sollten Sie Folgendes wissen
“Tiger King“ gesehen? Dann sollten Sie Folgendes wissen
Die Netflix-Dokureihe Tiger King - Großkatzen und ihre Raubtiere zieht derzeit Zuschauer auf der ganzen Welt in ihren Bann; die ikonischen Wildtiere, komplexe menschliche Dramen und schockierende kriminelle Handlungen fördern zweifellos den Suchtfaktor der Serie.
Doch die Dokureihe unterhält nicht nur, sondern rückt ein Problem in den Fokus, das viel zu Wenigen von uns bekannt ist: das tragische Schicksal von vielen Großkatzen in den USA, die gezüchtet, gehandelt und misshandelt werden.
Vielleicht erinnern Sie sich an die schockierende Aussage, dass wohl mehr Tiger in den USA in Gefangenschaft gehalten werden, als weltweit noch in der Wildnis leben. Wie ist dies möglich? Erinnern Sie sich an die winzigen Tigerjungen aus der Dokureihe - diese bringen skrupellosen Geschäftemachern viel Geld, wie auch in der Show zu sehen war. Sie werden kurz nach der Geburt von ihrer Mutter getrennt und als Fotomodelle oder für eine Art Streichelzoo missbraucht. Aber sie bleiben natürlich nicht lange so klein, weshalb sie im Akkord gezüchtet werden, um stets genügend 'Nachschub' an Tigerjungen zu haben. Hierbei wird keine Rücksicht auf das Wohl der Tiere oder ihre langfristige Versorgung genommen. Und wenn die Jungtiere zu groß werden, um Geld mit ihnen zu verdienen, behandelt man sie wie Wegwerfware. Die Geschäftsmänner und Züchter, die zum Streicheln der Tigerjungen ermuntern, versuchen bei Kunden den Eindruck zu erwecken, dass dieser Kreislauf des Elends im Sinne der Tiere oder des Naturschutzes betrieben wird.
Wir beobachten bereits seit vielen Jahren, welches Drama sich hinter den Kulissen abspielt. Seitdem wir 2003 die ersten 24 Tiger retteten, haben wir uns dazu verschrieben, die Ausbeutung von in Gefangenschaft lebenden Großkatzen zu beenden. Seitdem konnten wir weitere 150 Großkatzen in den USA aus unzumutbaren Zuständen befreien. Wir hoffen, dass derartige Rettungsaktionen eines Tages überflüssig werden und arbeiten daran, dass in den USA die gesetzlichen Richtlinien geschärft werden und so das Problem um den Handel mit in Gefangenschaft lebenden Großkatzen ein Ende findet.
Wenn man sich die Dokureihe in Originalsprache ansieht, also auf Englisch, wird der Begriff 'Sanctuary' häufiger benutzt (in der Reihe auf Deutsch unter anderem mit ‚Tierheim‘ übersetzt). Was nicht diskutiert wird, ist die Bedeutung dieses Begriffs. Echte „Sanctuaries“ bzw. Auffangstationen züchten nicht mit den Tieren, erlauben keinen kommerziellen Kontakt, verkaufen sie nicht oder beuten sie anderweitig aus. „Big Cat Rescue“ z.B. wurde von der „Global Federation of Animal Sanctuaries (GFAS) offiziell anerkannt und setzt sich dafür ein, die Ausbeutung der Tiere zu beenden. Tiere in diesen Auffangstationen finden dort für immer ein Zuhause, in dem ihr Wohlbefinden und ihre Sicherheit an erster Stelle stehen. Leider bezeichnen sich auch oft die zuvor erwähnten Streichelzoos sowie Züchter häufig als „Sanctuaries“, während sie sich tatsächlich dem grausamen, gefährlichen Handel mit Großkatzen verschrieben haben und somit die Probleme verursachen, die echte „Sanctuaries“ zu lösen versuchen.
Glücklicherweise verbünden sich inzwischen echte „Sanctuaries“, um das Grauen zu beenden. Der IFAW hat Vertreter dieser Auffangstationen zusammengebracht und die Big Cat Sanctuary Alliance (BCSA) gegründet. Die BCSA befähigt die Auffangstationen und deren Partner, sich gemeinsam für einen positiven Wandel einzusetzen, zur Zusammenarbeit aufzurufen und gegenseitig voneinander zu lernen. Erst im letzten Monat kooperierten wir mit der BCSA-Auffangstation Turpentine Creek Wildlife Refuge, um zwei Tiger zu retten, die ursprünglich in Joe Exotic´s Zoo gezüchtet und später von Privatpersonen in Oklahoma gehalten wurden, die einen baufälligen 'Zoo' in ihrem Hinterhof betrieben. Zudem kooperierten wir 2018 mit mehreren Auffangstationen, um Großkatzen eines Streichelzoos in Colorado unterzubringen und zu versorgen, in dem mehr als 100 Großkatzen unter unzumutbaren Zuständen in engen Käfigen dahinvegetierten. Hierbei handelte es sich um einen Züchter, bei dem Großkatzen, die zum Streicheln zu alt waren und für sie selbst keinen ökonomischen Nutzen mehr darstellten, in kleine Käfige ohne Türen verfrachtetet wurden - d.h. die Käfige wurden weder gesäubert, noch wurden die Großkatzen tierärztlich versorgt - ganz gleich, wie schlimm ihr Zustand auch sein mochte.
Großkatzen, die in Einrichtungen dieser Art geboren und aufgezogen werden, können leider niemals in die Wildnis zurückkehren, da sie dort nicht überleben würden. Deshalb unternehmen echte „Sanctuaries“ alles, um sie in Gehegen ausreichender Größe unterzubringen, sie tierärztlich zu versorgen, zu füttern, zu pflegen und ihr Leben so angenehm wie möglich zu gestalten. Wir hoffen, dass der Handel mit Großkatzen endgültig beendet wird und damit auch diese Auffangstationen überflüssig werden. Während wir dieses Ziel weiterhin gemeinsam verfolgen, setzen sich Tierretter unermüdlich dafür ein, dass Großkatzen, die von verantwortungslosen Besitzern gerettet wurden, unter besseren Bedingungen leben können.
Der US-amerikanische Handel mit Tigern beeinträchtigt nicht nur das Leben der Großkatzen, sondern gefährdet zudem oftmals das Leben von Menschen. So kam in der Serie nicht zum Ausdruck, welche ernste Gefahr der Handel mit Großkatzen für die öffentliche Sicherheit darstellt. In Teilen der USA können Tiger und andere Großkatzen als Haustiere gehalten werden, und in vielen Städten und Bundesstaaten wird nicht überprüft, wie die Tiere untergebracht sind. Wenn Ersthelfer am Ort des Geschehens eintreffen, wissen sie nie, welche Gefahr in einem Hinterhof oder Keller lauern könnte. Und bei Umweltkatastrophen wie Tornados und Hurrikanen könnten Großkatzen ungewollt freikommen, was die ohnehin kritische Situation noch verschlimmern würde. Dies geschah 2016 in einer kleinen Gemeinde in Texas, als ein Tigerweibchen in den Straßen umherstreifte, nachdem es aus einem ungesicherten Hinterhof ausgebrochen war. Dort hatte man es vor den Überschwemmungen in Sicherheit bringen wollen. Glücklicherweise wurde niemand verletzt, aber das muss beim nächsten Mal nicht so bleiben. Es gab bereits hunderte gefährliche und tödliche Zwischenfälle in den Vereinigen Staaten, und solange der Handel mit gefährlichen Großkatzen nicht besser reguliert wird, werden die Tragödien zweifellos weiterhin ihren Lauf nehmen.
Erfreulicherweise kooperieren Ersthelfer mit echten „Sanctuaries“ und Experten für Wildtiere in der Sache. So hat die National Sheriffs‘ Association in den USA ein Gesetz in Gestalt des Big Cat Public Safety Act (BCPSA) befürwortet. Dieser wichtige parteiübergreifende Gesetzentwurf begrenzt die Möglichkeiten des Privatbesitzes von Großkatzen und verbietet den Missbrauch von Jungtieren als Streichelobjekte in den Vereinigten Staaten.
Was Sie selbst zum Schutz der Tiere weltweit machen können?
- Überlegen Sie gut, welche Einrichtungen Sie besuchen. Wenn Sie eine Auffangstation für Tiere besuchen möchten, informieren Sie sich vorab darüber, wie die Tiere behandelt werden.
- Unterstützen Sie offiziell anerkannte Organisationen, die sich für den Schutz der Tiere einsetzen.
- Spenden helfen uns, in Gefangenschaft lebende Großkatzen in den USA und andere notleidende Tiere weltweit zu retten und zu schützen.
Wir sind stolz darauf, unseren Teil beizutragen, diese wundervollen Tiere vor grausamer Gefangenschaft zu bewahren.
Wir alle können etwas Abwechslung in dieser Zeit gebrauchen. Aber vergessen Sie nicht, dass das Leiden der Tiere hinter dem menschlichen Drama sehr real und weit verbreitet ist. Unterstützen Sie uns dabei, dieses zu beenden.
- Carson Barylak - IFAW Kampagnenmanagerin
- Meredith Whitney - IFAW Team Tierrettung
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