Room to Roam: Ein visionärer Ansatz für den Arten- und Naturschutz in Afrika
Room to Roam: Ein visionärer Ansatz für den Arten- und Naturschutz in Afrika
Room to Roam ist eine ehrgeizige und dringend erforderliche Initiative für Afrikas Elefanten und die örtliche Bevölkerung, die sich Land und Ressourcen teilen. Doch wir schaffen das nicht allein. Um Netzwerke von zusammenhängenden Lebensräumen zu sichern, in denen Wildtiere und Menschen in friedlicher Koexistenz leben können, müssen wir langfristige Partnerschaften mit Gemeinden, deren lokalen Führungspersönlichkeiten, Regierungen, Akteuren des Privatsektors und anderen NGOs eingehen.
Die Macht der Konnektivität
Der Schutz von Wildtieren und gesunden Ökosystemen ist entscheidend für die Gesundheit unseres Planeten. Eine robuste und resiliente biologische Vielfalt birgt ein immenses Potenzial zur Bereitstellung lebenswichtiger Dienstleistungen für Menschen und Tiere und für die Verlangsamung der Auswirkungen der Klimakrise. Afrikas Wildtiere sind jedoch zahlreichen Bedrohungen ausgesetzt, darunter dem Verlust und der Zerschneidung ihres Lebensraums, unberechenbaren Wettergeschehnissen wie Dürren oder Starkregen und dem zunehmenden Wettbewerb um Ressourcen mit den Menschen, die sich den Lebensraum mit ihnen teilen.
Wildtiere brauchen sichere Wege, um sich frei durch Länder, über Grenzen hinweg und ohne Kontakt zu Menschen bewegen zu können. Für ihr Wohlergehen brauchen Wildtiere Zugang zu gesunden Lebensräumen mit ausreichend Nahrung, Wasser und Raum.
Die Verbindung von Lebensräumen ist entscheidend. Sind Lebensräume miteinander verbunden und Wildtiere können sich frei in ihnen bewegen, werden die Populationen resilienter gegenüber Veränderungen in ihrer Umwelt und extremen klimatischen Veränderungen, was die Arten letztlich vor dem Aussterben bewahren kann. Auch die vor Ort lebenden Gemeinden werden resilienter.
Eine neue, wissenschaftlich gestützte Initative
Jahrzehntelang beruhten die Bemühungen zum Schutz von Wildtieren oft auf kostspieligen und nicht nachhaltigen menschlichen Eingriffen. Das Konzept Room to Roam vom IFAW bietet eine bessere Lösung: Einen visionären Ansatz zum Schutz Afrikas, der den Menschen als Teil der Lösung miteinbezieht. Im Mittelpunkt steht dabei die Vernetzung von wichtigen Lebensräumen, die für Tiere, Menschen und unseren Planeten entscheidend ist.
Auf der Grundlage von 20 Jahren wissenschaftlicher Arbeit und der Zusammenarbeit mit lokalen Gemeinden sichert und verbindet das IFAW-Projekt Room to Roam Lebensräume und schafft sichere Wege für Wildtiere, damit sie sich in ihren Verbreitungsgebieten im östlichen und südlichen Afrika frei bewegen können. Die positiven Effekte dieser weitreichenden Initiative sind eine größere Artenvielfalt, eine natürliche Resilienz gegenüber der Klimakrise und eine Zukunft, in der Tiere und Menschen besser koexistieren können.
Room to Roam zielt auf 12 kritische Landschaften
Eine Zukunft für Afrikas Wildtiere
Zum Schutz und Wohlergehen der afrikanischen Wildtiere setzt sich der IFAW für die Vernetzung von Lebensräumen ein. Dabei berücksichtigen wir die Rolle, die Elefanten als Schlüsselart für die ökologische Gesundheit der Savannenlandschaft spielen.
Aufgrund der entscheidenden Rolle, die Elefanten als Ökosystem-Ingenieure spielen, sorgt der Schutz von Elefanten und den Landschaften, in denen sie sich bewegen, indirekt auch für den Schutz von anderen Tieren und Pflanzen, die sich den Lebensraum mit ihnen teilen. So zeigen Untersuchungen zum Beispiel, dass das Vorkommen von Elefanten mit der Population anderer großer Säugetierarten wie Löwen, Leoparden, Zebras, Gnus, Warzenschweine und Giraffen korreliert.
Elefanten sind auch von entscheidender Bedeutung für die Bekämpfung der Klimakrise. Mehr als 330 000 Elefanten durchstreifen die zunehmend zersplitterten Landschaften des östlichen und südlichen Afrikas – oft auch außerhalb der Schutzgebiete und sind damit den Bedrohungen durch den Menschen zunehmend ausgesetzt. Die eingeschränkten Lebensräume zwingen die Elefanten dazu, lebensbedrohliche Risiken einzugehen. Auf der Suche nach Wasser und Nahrung müssen die Tiere immer weiter wandern. Gleichzeitig führen Klimakrise, Mensch-Wildtier-Konflikte, Wilderei und andere Konflikte zu einem unaufhaltsamen Rückgang ihrer Bestände.
Halten Lebensraumverlust, Fragmentierung, Klimakrise und Wilderei weiter an, droht Afrikas Elefanten das Aussterben. Daher kommt Room to Roam mit seiner Vision, die afrikanische Artenvielfalt zu erhalten, dem gesamten Planeten zugute.
Die Lösungen des IFAW
Vor diesem Hintergrund kann die Investition in Initiativen wie Room to Roam vom IFAW erhebliche Vorteile bringen. Die vier thematischen Säulen – Wissenschaft, Klimaresilienz, Koexistenz und Rettung bis zur Wiederauswilderung – bieten zahlreiche Lösungen zum Schutz von Elefanten und anderen Wildtieren im östlichen und südlichen Afrika und zur Eindämmung der Klimakrise.
Die Wissenschaft
Room to Roam basiert auf mehr als 20 Jahren wissenschaftlicher Arbeit und zielt darauf ab, die Elefantenpopulationen in zusammenhängenden Lebensräumen im östlichen und südlichen Afrika dauerhaft zu erhalten. Um die Gesundheit der Elefantenpopulationen, ihr Potenzial, langfristig zu überleben, und ihre Fähigkeit, auf Störungen und/oder Managementmaßnahmen zu reagieren, beurteilen zu können, verwendet der IFAW Methoden, die von der Conservation Ecology Research Unit der Universität Pretoria entwickelt wurden. Diese Arbeit basiert auf einem umfassenden Verständnis der Dynamik und Demografie von Elefantenpopulationen.
Unsere Studien zeigen, dass einige lokale Elefantenpopulationen in ihren fragmentierten Landschaften in einem solchen Maße zurückgegangen sind, dass diese Populationen vom Aussterben bedroht sind. Andere Populationen hingegen scheinen zu wachsen.
Diese "Populationen von Populationen" – auch Metapopulationen genannt – benötigen viel Raum. Die wissenschaftliche Grundlage von Room to Roam bestätigt die Notwendigkeit, Raum und Verbindungen zu sichern, um isolierte Populationen miteinander zu verbinden, die Elefantenbestände auf natürliche Weise zu stabilisieren und die Art resilienter gegen die Klimakrise und andere Bedrohungen zu machen.
Resilienz gegen die Klimakrise
Room to Roam bemüht sich um den Aufbau klimaresilienter Landschaften im östlichen und südlichen Afrika, in denen menschliche Gemeinden und Wildtiere trotz der Herausforderungen der Klimakrise koexistieren können.
Der Schutz, die Wiederherstellung und das wirksame Management artenreicher Ökosysteme und Landschaften, die durch Klimakrise, Landnutzungsänderungen und Umweltzerstörung besonders gefährdet sind, tragen dazu bei, die vorhandenen gebundenen Kohlenstoffvorräte zu erhalten. Diese Maßnahmen binden und speichern auch atmosphärisches Kohlendioxid, wodurch die biologische Vielfalt wiederhergestellt und erhöht wird. Auch die langfristige Verfügbarkeit von Ökosystemleistungen, auf die sowohl Menschen als auch Wildtiere für ihr eigenes Wohlergehen angewiesen sind, wird verbessert.
Indem wir vulnerable Gemeinden, lokale Unternehmen und Behörden dabei unterstützen, kohlenstoffarme Praktiken und geeignete Formen erneuerbarer Energien einzuführen, helfen wir den Menschen, ihre Umweltbelastung zu verringern und Landschaften zu entwickeln, die der Klimakrise standhalten. In dem Maße, wie Haushalte und Gemeinden sich von umweltschädlichen Praktiken zur Sicherung ihres Lebensunterhalts verabschieden, werden die Ursachen für den Verlust der biologischen Vielfalt, die gefährdete Arten bedrohen und zur Klimakrise beitragen, gemildert.
Landschaften profitieren in vielerlei Hinsicht von einer klimafreundlichen Landwirtschaft, die regenerative Anbaumethoden, Agroforstwirtschaft, Bienenzucht und eine verbesserte Viehhaltung umfasst. Dazu gehören die Erhöhung der biologischen Vielfalt, der Schutz von Boden und Wasser, die Verbesserung der Gesundheit der Ökosysteme und der Resilienz der Landschaften sowie die Abschwächung der Klimakrise durch die Vermeidung von Abholzung und die Bindung von Kohlenstoff.
Der Mensch als Teil der Lösung
Room to Roam erkennt an, dass Elefanten und andere Wildtiere auf der Suche nach Nahrung, Wasser, Sicherheit und anderen Artgenossen Zugang zu ausgedehnten Gebieten außerhalb formell geschützter Gebiete benötigen. Dabei steigt jedoch die Wahrscheinlichkeit, dass sie mit den lokalen Gemeinden in Kontakt oder sogar in Konflikt geraten.
Im Mittelpunkt von Room to Roam steht die Einbindung der Bevölkerung als Schlüssel zum Erfolg im Natur- und Artenschutz. Deshalb arbeitet der IFAW mit den Menschen zusammen, die den Tieren und Lebensräumen, die wir schützen wollen, am nächsten sind. Unser Ansatz besteht darin, gemeinsam mit den lokalen Gemeinden fallspezifische Strategien zu entwickeln und umzusetzen, die die Koexistenz von Mensch und Wildtier fördern.
Die Erfahrung des IFAW zeigt deutlich, dass die Gemeinden, wenn sie als wichtige Interessengruppe einbezogen und ihre Belange berücksichtigt werden, eher bereit sind, sich an Programmen zum Schutz von Wildtieren zu beteiligen. Das ist der Grund, weshalb sich der IFAW dafür einsetzt, die Gemeinden umfassend zu unterstützen.
Die wichtigsten Elemente sind:
- Verbesserung der Alphabetisierung
- Verbesserung der Kenntnisse im Umgang mit Geld und des Zugangs zu Banken für das Einkommen aus Landpacht, Kleinunternehmen und Investitionen
- Entwicklung einer angemessenen und kompatiblen Landnutzungspolitik
- Förderung einer klimaresilienten Landwirtschaft
- Schaffung von geeigneten Rahmenbedingungen und Managementstrukturen von Gemeinschaftsland und Naturschutzgebiete
- Entwicklung von Fähigkeiten und Förderung alternativer, nachhaltiger Existenzgrundlagen, die nicht auf der Ausbeutung von Wildtieren beruhen
Dabei sind wir uns bewusst, dass eine Verlagerung und Ausrichtung des Wildtierschutzes hin zu einem gemeinschaftsgeführten Management, das häufig von traditionellen Führungspersönlichkeiten überwacht wird, mit Herausforderungen und politischen Sensibilitäten verbunden ist. Die Bewältigung dieses Übergangs ist einer der Hauptgründe dafür, dass wir das Conservation Network of Traditional Leaders in Afrika gegründet haben. Damit können wir die Beteiligung traditioneller Führungsfiguren an ehrgeizigen Naturschutzbemühungen stärken.
Von der Rettung zur Freilassung
Jeder Elefant ist entscheidend für das Überleben der Art. Deshalb arbeitet der IFAW mit Elefantenaufzuchtstationen in Simbabwe und Sambia zusammen, die Kälber retten und rehabilitieren, die durch Mensch-Wildtier-Konflikte oder Wilderei verwaist sind, und ihnen eine zweite Chance auf ein Leben in freier Wildbahn geben. Wenn die Waisen drei bis fünf Jahre alt sind, sind sie oft bereit, in eine Art Auswilderungsstation zu kommen, wo sie mit freilebenden wilden Elefanten in Kontakt kommen können. Mit ihrer endgültigen Freilassung schließt sich unser Zyklus Rettung-Rehabilitation-Freilassung. Wir unterstützen aber auch die Überwachung der Tiere nach ihrer Freilassung, um ihre Bewegungen zu verfolgen und ihr Verhalten als Teil einer wilden Familie zu verstehen sowie ihre Sicherheit zu gewährleisten.
Wo wir Room to Roam umsetzen
Room to Roam zielt darauf ab, 12 kritische Landschaften zu sichern und miteinander zu verbinden, die jeweils mindestens 10 000 Elefanten beherbergen. Diese Schlüsselareale definieren die wichtigsten Lebensraumfragmente in ihren Regionen, die für den Fortbestand des Afrikanischen Elefanten entscheidend sind. Sie sind nicht nur Schwerpunktgebiete der Elefanten, sondern auch Oasen der Artenvielfalt im Allgemeinen. Als solche sind sie wichtige Ziele für die Schutzbemühungen. In dieser ersten Phase der Umsetzung der Room to Roam-Vision arbeitet der IFAW bereits in mehreren Schwerpunktregionen, die strategisch günstig für die überregionale Vernetzung vom östlichen bis zum südlichen Afrika liegen:
Simbabwe
Durch unsere Partnerschaft mit der Regierung von Simbabwe und wichtigen Partnern aus dem Privatsektor vor Ort helfen wir beim Management eines 40 000 km² großen Gebietes, das Teil des grenzüberschreitenden Schutzgebiets Kavango Zambezi (KAZA TFCA) ist – des zweitgrößten grenzüberschreitenden Schutzgebietes (engl. Transfrontier Conservation Area, kurz TFCA) der Welt, das sich über fünf Länder erstreckt und die größte Elefantenpopulation Afrikas beherbergt.
Zu diesem Gebiet gehören der berühmte Hwange-Nationalpark und das Panda-Masuie-Waldreservat, wo gerettete und rehabilitierte Elefantenwaisen in einem gesunden und sicheren Umfeld wieder in die Wildnis entlassen werden.
Malawi-Zambia
Das grenzüberschreitende Schutzgebiet Malawi-Sambia umfasst 32 278 km², die sich um den North Luangwa National Park in Sambia und das Nyika Plateau in Malawi befinden. Unsere Partnerschaften in dieser weitläufigen Landschaft tragen dazu bei, den Schutz eines wichtigen Lebensraumes in den Nationalparks Luambe, Lukusuzi und Kasungu zu gewährleisten, wo wir 178 Wildhüter:innen unterstützen.
In den kommunalen Gebieten um Luambe und Lukusuzi sind wir Partner einer landwirtschaftlichen Initiative, die auf die Auswirkungen der Klimakrise reagiert. Diese kleinbäuerlichen Projekte helfen Gemeinden und Einzelpersonen, ihr Einkommen zu steigern und die Abhängigkeit von der Wildtierwilderei zu verringern. Auch andere Projektansätze sind wichtig. So unterstützen wir eine Schneiderei, die inzwischen Uniformen für alle Ranger und Rangerinnen in Malawi liefert.
Darüber hinaus arbeiten wir in Partnerschaft mit der Nationalparkbehörde in Malawi (Department of National Parks & Wildlife) an der Wiederherstellung des Kasungu Nationalparks, indem wir uns mit Wilderei und der entsprechenden Strafverfolgung befassen sowie die Infrastruktur und die Kapazitäten im Park ausbauen. Außerdem arbeiten wir am Bau eines Zauns mit, um Konflikte zwischen Wildtieren und den umliegenden Gemeinden zu vermeiden. Durch Umweltbildungsmaßnahmen an Schulen wird das Bewusstsein für die Bedeutung des Naturschutzes weiter geschärft.
Kenia
Die Amboseli-Tsavo-Kilimandscharo-Landschaft ist ein wichtiger Lebensraum für Elefanten und andere Wildtiere in der Greater Kilimanjaro Trans-Frontier Conservation Area. In dieser Region leben auch Tausende von Menschen auf kommunalem Land, weshalb die Förderung der Koexistenz von Mensch und Wildtieren von entscheidender Bedeutung ist. Unsere engen Beziehungen zur Olgulului-Ololorashi Group Ranch (OOGR) haben uns geholfen, Projekte zur Sicherung des Lebensunterhalts zu finden, die Frauen und Kinder unterstützen. Eines dieser Projekte ist das Team Lioness, das fast 607 km² traditionelles Massai-Gemeinschaftsland im Amboseli-Nationalpark schützt.