Einbindung der Bevölkerung
Einbindung der Bevölkerung
Die partizipative, inklusive Zusammenarbeit mit der Bevölkerung gehört weltweit zu den zentralen Strategien des IFAW. Für eine bessere Zukunft von Tieren und Menschen müssen die Menschen vor Ort an den Tier- und Naturschutzinitiativen, die sie direkt betreffen, teilhaben, von ihnen profitieren und Verantwortung für sie übernehmen. Der Schwerpunkt unseres Konzepts liegt auf Lösungsansätzen wie der Entwicklung nachhaltiger Möglichkeiten der Existenzsicherung, von denen Menschen, Tiere und Lebensräume profitieren sowie dem gemeinsamen Erarbeiten von Methoden zur Reduzierung von Mensch-Tier-Konflikten. Auch beim Verhindern von Wildtierkriminalität spielt die Einbindung der Bevölkerung eine wesentliche Rolle, denn dadurch verlieren Wilderei und illegaler Wildtierhandel Rückhalt bei den Menschen vor Ort.
Mit Gemeinschaften, die für Naturkatastrophen anfällig sind, arbeiten wir gemeinsam daran, ihre Widerstandsfähigkeit zu stärken und die Abhängigkeit von externer Unterstützung zu reduzieren. Durch den Klimawandel nehmen Naturkatastrophen an Häufigkeit und Intensität zu. Deshalb ist es heute wichtiger als je zuvor, ländlichen Gemeinschaften mehr Möglichkeiten zu geben, das Wohlergehen von Menschen und Tieren im Katastrophenfall selber zu schützen.
Auch im Geschäftsjahr 2021 inspirieren wir weiter Gemeinschaften auf der ganzen Welt und unterstützen sie in ihren Bemühungen, eine bessere Zukunft für Tiere und Menschen zu schaffen. Was wir in einer Gemeinschaft lernen, nutzen wir, um andere Gemeinschaften zu ermuntern und lassen das Gelernte in unsere Bemühungen für Verbesserungen im politischen Bereich einfließen.
Krisenvorsorge und Widerstandsfähigkeit von Gemeinden in Indonesien stärken
Wenn es zur Katastrophe kommt, sind benachteiligte Menschen und Tiere häufig am stärksten betroffen und leiden länger unter den Folgen. Abgelegene Gemeinden sind oft sich selbst überlassen, wenn es darum geht, sich auf Katastrophen vorzubereiten, mit ihnen umzugehen und sich von ihnen zu erholen – und das, obwohl sie nur selten über die nötigen Ressourcen und die erforderliche Unterstützung verfügen.
In Zusammenarbeit mit der Bali Animal Welfare Association (BAWA) führt der IFAW die Umsetzung eines Pilotprogramms in zwei abgelegenen Gemeinden in der katastrophengefährdeten Region um den Vulkan Agung auf Bali in Indonesien fort. Wir arbeiten direkt mit Gemeindemitgliedern und Regionalregierungen bzw. -verwaltungen daran, den Katastrophenschutz zum Bestandteil der Vorsorge auf Dorfebene zu machen, damit die betreffenden Gemeinden widerstandsfähiger und für künftige Katastrophen besser gerüstet sind.
Trotz der verheerenden Auswirkungen der Corona-Pandemie ging unsere wichtige Arbeit auch im Geschäftsjahr 2021 weiter. Die zwei Pilot-Gemeinden haben eine partizipatorische Risiko- und Gefährdungskartierung durchgeführt, um mögliche Risiken für Familien und Tiere zu ermitteln. Hierdurch konnten die beiden Gemeinden weiter eigene, auf die örtlichen Gegebenheiten abgestimmte Lösungen zur Risikominderung erarbeiten.
Außerdem veranstalteten sie einen Tag zum Thema Katastrophenvorsorge, bei dem tiefwurzelnde Bäume gepflanzt wurden, die Erdrutschen besser standhalten können. Zusätzlich wurde ein Gemeinschaftsgarten mit Futterpflanzen fertiggestellt. Dort können die Einwohner:innen dürreresistente Pflanzen und andere anpassungsfähige Sorten Futterpflanzen für ihre Tiere testen.
Unsere Arbeit in der Region um den Agung begann 2017, als die Menschen zahlreicher örtlicher Gemeinden aufgrund eines Vulkanausbruchs ihr Zuhause verlassen mussten und über Monate nicht zurückkehren konnten. Der IFAW unterstützte die BAWA dabei, hunderte zurückgelassener Hunde mit Futter und Wasser zu versorgen und provisorisch unterzubringen. Die ortsansässigen Menschen litten auch darunter, dass viele Familien gezwungen waren, ihre Nutztiere für einen Bruchteil ihres tatsächlichen Marktwertes zu verkaufen.
Auch Jahre später haben sich diese Gemeinschaften noch nicht vollständig von der Katastrophe erholt. Da der Vulkan weiterhin aktiv ist, stellen Ausbrüche, Erdbeben, Sturzfluten und Erdrutsche nach wie vor eine unmittelbare Bedrohung dar. Deswegen haben viele Familien Angst beim Gedanken daran, wie sie und ihre Tiere mit der nächsten Katastrophe zurechtkommen sollen.
Eindämmung von Mensch-Tier-Konflikten durch mehr finanzielle Sicherheit
In Yunnan befindet sich der letzte noch verbleibende Lebensraum Asiatischer Elefanten in China. Hier leben rund 300 der Tiere, die nach und nach in Gebiete gezogen sind, in denen zuvor jahrelang keine Elefanten gelebt hatten. Dies sorgte für Konflikte mit Gemeinden, bei denen manchmal Menschen verletzt wurden oder sogar ums Leben kamen.
Dieses Jahr reagierten das Asian Elephant Project (AEP) und die Regierung von Jinghong umgehend auf das Problem, dass Elefanten Anbauflächen und Gebäude von Dörfern in sieben Bezirken zerstörten. Das Community Hero Network, eine von Ranger:innen geleitete Initiative, bildete über 30 Ranger:innen in Methoden der Minderung von Konflikten zwischen Menschen und Elefanten aus.
Diese Ranger:innen sind Botschafter:innen für den Schutz und Erhalt von Elefanten. Sie bieten Dorfbewohner:innen ausführliche, auf die örtlichen Gegebenheiten abgestimmte Sicherheitsschulungen für den Umgang mit Elefanten. Bis Ende August 2021 führten sie 66 Schulungen durch und bildeten über 2.323 Dorfbewohner: innen aus. Dank der Hilfe von lokalen führenden Personen und Amtsträger:innen profitieren Dörfer in allen sieben Bezirken von Jinghong von derselben fundierten Schulung. Der IFAW leistete auch Unterstützung im Hinblick auf Ausstattung und Material, welches die Ranger:innen zur Nachverfolgung der Bewegungen der Elefanten benötigen.
Andernorts schulten wir 60 Tour-Guides des Wildlife Elephant Valley Natural Reserve und 70 Mitarbeitende des Xishuangbanna Natural Reserve zu den Themen ‚Elefantenschutz‘ und ‚Methoden zur Förderung des Natur- und Artenschutzes‘ sowie in Aufklärungsarbeit.
Außerdem unterstützt der IFAW Gemeinschaften, die von Konflikten zwischen Menschen und Elefanten betroffen sind: Wir etablierten umweltfreundliche Erwerbsmöglichkeiten, wie etwa die Imkerei.
Im Dorf Daotangqing bildete der IFAW die Teilnehmenden in Imkerei-Methoden aus und stellte Bienenkörbe, Honigbienen sowie einen Vertriebskanal für den in den Gemeinden erzeugten Honig zur Verfügung. Nach dem ersten Jahr verzeichneten die teilnehmenden Familien bei ihrem jährlichen Einkommen bereits einen Zuwachs von 15% durch den Verkauf von Honig. Die erste Gruppe Imker:innen wartet nun ungeduldig darauf, dass sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse an andere weitergeben kann. So profitiert die ganze Gemeinschaft, und das IFAW-Projekt wird zukunftsfähig.
Australien: Lebensräume wiederherstellen und Leben retten
Die verheerenden Buschbrände 2019/2020 während des „Schwarzen Sommers“ hatten dauerhafte Folgen für Wildtiere, Lebensräume und Gemeinden Australiens. Deshalb will der IFAW in den betroffenen Gebieten auch dauerhaft Unterstützung leisten.
Wir sind eine Partnerschaft mit der Great Eastern Ranges Initiative (GER) eingegangen, um die lokale Bevölkerung dazu zu befähigen, Teil der Lösung zu sein. Gleichzeitig wird ihre Widerstandskraft gegen Katastrophen gestärkt. Dabei ist es unser Ziel, mit einem ganzheitlichen Ansatz künftige Katastrophen zu verhindern, Gemeinden auf die Bewältigung von Katastrophen vorzubereiten sowie sicherzustellen, dass die erforderliche Infrastruktur und die notwendigen Fähigkeiten für das Retten, Rehabilitieren und Auswildern von Tieren, die Opfer von Naturkatastrophen werden, vorhanden sind.
Unsere Projekte mit der GER gehen gezielt drei Schwerpunktgebiete in New South Wales und Queensland an, die von den Buschbränden sehr stark betroffen waren. Hier wird in Zusammenarbeit dem GER-Netzwerk aus regionalen und lokalen Naturschutzgruppen, privaten Landeigentümern, indigenen Gemeinschaften und wissenschaftlichen Expert:innen wichtige Wiederaufbauarbeit geleistet.
Zum Beispiel werden heimischen Tieren wie etwa Koalas Nahrung und ein Zuhause beschafft. Grundbesitzer:innen werden in die Planung zu Wiederherstellungsmaßnahmen nach Buschbränden einbezogen, und es werden Gemeinde- Foren abgehalten, um Kompetenzen, Wissen und Widerstandsfähigkeit auszubauen und zu stärken. Der IFAW arbeitet außerdem mit örtlichen Gruppen daran, im Osten Australiens mehrere Tausend Bäume anzupflanzen. So soll der Lebensraum der Koalas wiederhergestellt werden, der durch die Buschbrände zerstört wurde, und es sollen neue Gebiete entstehen, in denen heimische Tiere überleben und gedeihen können.
So haben wir im Geschäftsjahr 2021 mit Bangalow Koalas, Zero Emissions Byron, Koala Clancy Foundation und Saving Our Koalas 16.085 Bäume in drei Regionen von New South Wales und Victoria gepflanzt und damit wichtigen Lebensraum und ein Zuhause für Koalas und andere heimische Wildtiere geschaffen.
Jeder Baum, den wir anpflanzen, bewirkt etwas, denn Koalas brauchen Bäume, um gut leben zu können. Koalas sind eine Tierart mit hohem Identifikationswert. Wenn wir ihren Lebensraum schützen, tragen wir gleichzeitig zu einer sicheren Zukunft für unzählige andere Arten bei. Wir beziehen Menschen ein und geben ihnen mittels Baumpflanzungen die Möglichkeit, Teil der Lösung zu sein. So schaffen wir nicht nur mehr Orte, an denen Tiere leben können – wir wirken auch den Folgen des Klimawandels entgegen und lassen Räume entstehen, in denen Tiere und Menschen friedlich zusammenleben können.
Koexistenz von Jaguaren, Schildkröten, Menschen und Hunden fördern
Menschen und Wildtiere müssen koexistieren, um langfristig überleben zu können. Mit dem 2017 in Playa del Carmen in Mexiko gestarteten IFAW-Projekt Casitas Azules („blaue Häuschen“) statten wir Gemeinden mit Wissen und Hilfsmitteln aus, damit es zu weniger Vorfällen zwischen den dort lebenden Hunden und wilden Jaguar- und Meeresschildkröten- Populationen kommt. Unser Ansatz: Lösungen für bestehende Probleme anbieten und positive Effekte veränderten Verhaltens aufzeigen. So lassen sich Konflikte mit Wildtieren verringern.
In dieser Gegend fallen umherstreunende Hunde leicht Jaguaren zum Opfer oder übertragen Krankheiten wie Staupe oder Parvovirose auf die Jaguar-Population. Außerdem kommt es zu Vorfällen, bei denen umherstreunende Hunde sich über die Nester gefährdeter Meeresschildkröten hermachen, Schlüpflinge töten und ausgewachsene Tiere beim Brüten angreifen.
Die Bevölkerung erkennt zunehmend an, dass Tierwohl, Artenvielfalt, Umwelt und das Wohlergehen der Menschen zusammenhängen. Indem die Hunde stärker in die jeweilige Gemeinde eingebunden und besser versorgt werden, sinkt das Risiko, dass sie umherstreifen und von Jaguaren angegriffen werden oder die Schildkröten- Populationen stören.
Wir bestärken und unterstützen die Menschen darin, ihre Tiere, zum Beispiel Hühner, in vor Raubtieren sicheren Gehegen zu halten und ihre Hunde über Nacht ins Haus zu holen, damit es nicht zu Konflikten mit Wildtieren kommt. Allerdings haben viele Menschen gar nicht die entsprechenden Räumlichkeiten. Im Geschäftsjahr 2021 haben wir deshalb die lokale Bevölkerung dabei unterstützt, 20 Gehege bzw. Hundehütten zu bauen. Somit hat der IFAW den Menschen nun insgesamt 130 Unterbringungen für Hunde zur Verfügung gestellt.
Ein wesentlicher Aspekt unserer Arbeit sind Tierwohl-Sprechstunden, bei denen Haustiere geimpft, entwurmt und sterilisiert werden können. Trotz der zusätzlichen Herausforderungen durch die Corona-Pandemie konnten wir im Geschäftsjahr 2021 zwei dieser Sprechstunden durchführen und insgesamt 286 Tiere behandeln.
Um ein besseres Verständnis für bestehende Probleme und mögliche Lösungsansätze zu entwickeln, haben wir eine Umfrage in den Gemeinden durchgeführt und die Einstellungen der Menschen zu Jaguaren ermittelt. Außerdem haben wir in zwei Gemeinden die Angriffe von Jaguaren auf Hunde kartiert. Dank der so gewonnenen Erkenntnisse werden wir in den nächsten Jahren mit dem Projekt mehr Menschen und Tiere erreichen können.
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