Meeresschutz
Meeresschutz
Unsere Meere sind stärker bedroht als je zuvor. Menschliche Aktivitäten wie Schiffsverkehr, nicht nachhaltiger Fischfang, industrielle Erschließung und Verschmutzung beeinträchtigen Meeresbewohner und Meeres-Lebensräume auf der ganzen Welt.
Ohne gesunde Meere kann auch die Erde nicht gesund sein. Gesunde Populationen großer Meerestiere, insbesondere Wale und Haie, sind für die Regulierung von MeeresÖkosystemen und das Binden von CO2 von zentraler Bedeutung. Wale etwa tauchen tief und unterstützen so die Zirkulation von Nährstoffen vom Meeresboden in höhere Wasserschichten. So fördern sie den Nährstoffkreislauf und regen das Wachstum von Phytoplankton an, die Grundlage des aquatischen Nahrungsnetzes. Phytoplankton bindet große Mengen Kohlenstoff und steigert die Meeresproduktivität erheblich.
Wale müssen also unbedingt geschützt werden. Und durch unseren Einsatz für diese großen, charismatischen Meerestiere tragen wir gleichzeitig zum Erhalt zahlreicher anderer Arten und wichtiger Lebensräume in den Weltmeeren bei. Dieses Jahr hat unser Meeresschutz-Programm zum Beispiel mit unserem Programm für Katastrophenhilfe zusammengearbeitet. Gemeinsam unterstützten sie die Wiederherstellung von durch Hurrikane geschädigten Korallenriffen in Kolumbien – ein eindrucksvolles Beispiel der programmübergreifenden Zusammenarbeit beim IFAW.
Kampagne zur Rettung des Nordatlantischen Glattwals
Mit seiner wirkungsvollen Kampagne zur Rettung des Nordatlantischen Glattwals übernimmt der IFAW weiterhin eine zentrale Rolle dabei, grundlegende gesetzliche Änderungen zu bewirken. Gleichzeitig setzt er sich in den USA wie auch in Kanada für innovative technische Lösungen ein, damit dieser vom Aussterben bedrohte Meeressäuger gerettet werden kann.
Laut der jüngsten Schätzung sind die Bestandszahlen innerhalb nur eines Jahres um acht Prozent gesunken, sodass es jetzt nur noch etwa 336 Nordatlantische Glattwale gibt. Wir gehen verstärkt die größten Bedrohungen an, die eine Erholung der Art gefährden: Verfangen in veraltetem Fischereigerät des kommerziellen Fischfangs sowie Kollisionen mit Schiffen. Seit 2017 sind 50 Nordatlantische Glattwale (14% der Gesamtpopulation) entweder gestorben oder vermutlich gestorben. Wann immer die Todesursache eindeutig ermittelt werden konnte, hatten sich die Tiere in Fischereigerät verfangen oder waren mit Schiffen zusammengestoßen. Da weniger als 90 der noch verbleibenden Wale Weibchen im fortpflanzungsfähigen Alter sind, kann schon der Tod eines einzigen Tieres katastrophale Folgen für das Überleben der Art haben.
Dieses Jahr hat sich der IFAW vorrangig auf das Problem des Fischereigeräts konzentriert, in dem sich die Tiere verfangen und das für die Glattwale die tödlichste Gefahr darstellt. In Zusammenarbeit mit Fischer:innen testen und fördern wir Fangsysteme, die praktisch ohne vertikale Leinen in der Wassersäule auskommen. So kann die Hauptursache für Verstrickungen beseitigt werden. Gemeinsam mit dem Hummerfischerverband Atlantic Offshore Lobstermen’s Association (AOLA) und anderen Fischer:innen haben wir das neue System in einem küstennahen Pilotprojekt erprobt. Das Pilotprojekt wurde anschließend neu aufgelegt, weil gesteigertes Interesse von Seiten weiterer Fischer:innen bestand. Der IFAW half bei der Beschaffung von mehr leinenlosen Material, um die Testkapazitäten zu vergrößern.
Eine weitere gute Nachricht: In der letzten Kalbungssaison wurden neun Nordatlantische Glattwal-Kälber geboren. Mindestens fünf davon wurden von Weibchen geboren, die das erste Mal ein Kalb zur Welt brachten. Seit 2015 wurden nicht mehr so viele Kälber in einer Kalbungssaison geboren. Tragischerweise wurde eins der Kälber nur wenige Wochen nach der Geburt beim Zusammenstoß mit einem Schiff getötet. Deshalb arbeiten wir gemeinsam mit Partner:innen daran, unsere Whale Alert App zu verbessern. Sie informiert Schiffe, wenn sich Glattwale in der näheren Umgebung befinden. Die Besatzung kann dann Ausschau halten und die Geschwindigkeit drosseln. Parallel hierzu hat der IFAW sich weiter dafür eingesetzt, dass für Schiffe jeder Größe verbindliche Geschwindigkeitsbegrenzungen gelten, wenn besonders viele Wale anwesend sind.
Dank des unermüdlichen Einsatzes des IFAW konnten Änderungen von Vorschriften vorangebracht werden, auch damit mehr Gelder auf Landes- und Bundesstaatenebene in den USA bereitgestellt und für die Umsetzung von dringend benötigten Schutzmaßnahmen für Nordatlantische Glattwale eingesetzt werden. Mit seinem Einfluss konnte der IFAW bewirken, dass über 31.000 Unterstützer:innen aktiv wurden und sich zu neuen Gesetzesvorschlägen äußerten, die verschärfte Schutzmaßnahmen für Glattwale unterstützen und leineloses Fischereigerät forderten. Basis dieses Lösungsansatzes ist die Koexistenz von Glattwalen und Fischerei-Industrie. Dank der entscheidenden Bemühungen des IFAW im Bereich Gesetzgebung wurden im Rahmen der staatlichen Mittelzuweisung in den USA mehr Finanzmittel für wichtige Naturschutzmaßnahmen bereitgestellt, im Geschäftsjahr 2021 waren es sechs Millionen US-Dollar. Der IFAW arbeitet aktiv daran, dass für das Geschäftsjahr 2022 weitere 14 Millionen US-Dollar bereitgestellt werden.
Gegen Schiffskollisionen und Unterwasserlärm
Überall auf der Welt wird zunehmend anerkannt, welche Gefahr von Menschen verursachter Unterwasserlärm für Meeresbewohner darstellt. Im Rahmen der mehrjährigen Studie JOMOPANS (Joint Monitoring Progamme for Ambient Noise in the North Sea) wurde der Unterwasserlärm in der Nordsee kartiert. Die Forscher:innen der Studie stellten fest, dass die Hauptquelle der Lärmbelastung die Schifffahrt ist. In Gebieten mit starkem Schiffsverkehr liegt die Lärmbelastung bei bis zu 30 Dezibel – 100 mal so hoch wie in Gebieten ohne Schiffsverkehr.
Experten vom IFAW und von OceanCare begutachteten zwei wissenschaftliche Studien der belgischen Regierung. Gemeinsam mit der Regierung und OceanCare veröffentlichten wir diese. Die zentralen Erkenntnisse belegen, dass sich durch eine Begrenzung der Geschwindigkeit auf 75 % der Konstruktionsgeschwindigkeit der Ausstoß der wichtigsten Schadgase wie Kohlendioxid (CO2), Stickoxide (NOx), Schwefeloxide (SOx) und Ruß um 10 % senken lässt. Außerdem kann auf diese Weise auch Unterwasserlärm deutlich reduziert werden. Der IFAW übernahm beim Workshop des belgischen Umweltministeriums eine entscheidende Rolle, in dem über diese Untersuchungen berichtet wurde. Wir halfen auch bei der Veröffentlichung der Ergebnisse, die große Medienaufmerksamkeit erhielten. Mithilfe von Infografiken, die wir in enger Zusammenarbeit mit der französischen Regierung entwickelten, informierten wir außerdem Interessengruppen über die schädlichen Auswirkungen von Lärmbelastung sowie über Lösungsansätze zur Lärmreduzierung.
Dieses Jahr trugen wir durch unser Engagement bei der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO) dazu bei, dass Unterwasserlärm stärker als Problem wahrgenommen wird und sich das Gremium mit dem Thema befassen wird. Zuvor hatte der IFAW einen entsprechenden Vorschlag Kanadas unterstützt. Somit steht das Thema wieder auf der Tagesordnung der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation, einer Sonderorganisation der Vereinten Nationen, die die internationale Schifffahrt regelt. Nun ist es Aufgabe der entsprechenden Ausschüsse und Regierungen, Möglichkeiten zur Reduzierung der Lärmbelastung durch Schifffahrt zu erarbeiten. Dies ist ein großer Erfolg auf dem Weg hin zu unserem übergeordneten Ziel: der weltweiten Reduzierung von Schiffslärm.
Durch niedrigere Geschwindigkeiten von Schiffen wird nicht nur der Unterwasserlärm reduziert, auch das Risiko eines Zusammenstoßes von Schiffen und Walen (Kollisionen) kann so gesenkt werden. Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass jedes Mal, wenn ein Wal durch den Zusammenstoß mit einem Schiff tödlich verletzt wird, 20 weitere Wale dasselbe Schicksal erleiden – ohne dass dies bemerkt wird.
Der IFAW arbeitet in einem Bündnis mit dem Pelagos Cetacean Research Institute, dem WWF Griechenland und OceanCare daran, das Risiko von Schiffskollisionen für die noch verbleibende Pottwal-Population im Hellenischen Graben vor der Westküste Griechenlands zu senken. Diese gefährdete Population im östlichen Mittelmeer zählt lediglich 200 bis 300 Tiere. Es gibt zunehmend Bedenken, dass sie nicht überleben wird, wenn die Schiffskollisionen mit der gegenwärtigen Häufigkeit weitergehen. Laut dem Pelagos Cetacean Research Institute, das sich der Erforschung von Walen widmet, wurde bei 50 % der gestrandeten Pottwale in dieser Region der Tod durch Schiffskollisionen verursacht.
Aber es gibt eine Lösung! Durch unsere Analysen haben wir Möglichkeiten ermittelt, mit denen sich das Risiko von Schiffskollisionen erheblich senken lässt: indem die derzeitigen küstennahen Schiffsrouten geringfügig geändert werden. Durch die Änderungen würde das Kollisionsrisiko für Pottwale im untersuchten Gebiet insgesamt um rund 75% sinken. Dabei würden die Hauptrouten nur um elf Seemeilen länger, und für die meisten Schiffe, die dieses Gebiet durchfahren, kämen lediglich fünf Seemeilen hinzu.
Unsere gemeinsame Arbeit bewegte die griechischen Behörden dazu, Seeleute in einer offiziellen Mitteilung über die Anwesenheit von Meeressäugern im Hellenischen Graben zu informieren. Mit dem neuen NAVTEX-Warnhinweis werden Seeleute angewiesen, nach Walen Ausschau zu halten und Zusammenstöße mit ihnen zu vermeiden. Das ist ein vielversprechender erster Schritt hin zu unserem Ziel, die stark gefährdeten Pottwale in dieser Region vor Schiffskollisionen zu schützen. Wir werden weiter daran arbeiten, dass Schifffahrtsunternehmen von den Warnhinweisen erfahren, damit diese zu einer erfolgreichen Naturschutzmaßnahme werden.
Aktivitäten des IFAW Deutschland:
Eine der am meisten vernachlässigten Verschmutzungen des Ozeans ist der durch die Schifffahrt verursachte Unterwasserlärm. Er nimmt weltweit in den Meeren zu, auch in der Nordsee. Um darauf aufmerksam zu machen, sprachen wir mit Bundestagsabgeordneten und loteten Lösungsansätze aus, wie etwa eine Geschwindigkeitsbegrenzung für Schiffe in europäischen Gewässern. Damit würde sich auch gleich der CO2-Ausstoß verringern. Um das wachsende Verständnis für das Problem Unterwasserlärm durch die Schifffahrt möglichst bald in konkrete Taten umzusetzen, tauschten wir uns auch mit den relevanten Fachbehörden aus. Im europäischen Kontext unterstützten wir durch Medienarbeit unsere internationalen Bemühungen, damit die Schifffahrt wichtige Lebensräume der letzten Pottwale im Mittelmeer meidet.
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