Einbindung der Bevölkerung
Einbindung der Bevölkerung
Die Einbindung der Bevölkerung ist ein zentrales Element in allen IFAW-Programmen und in allen Regionen, in denen wir arbeiten. So auch, als wir fast 700 Haushalten mit Tieren, die in Indonesien in aktiven Vulkangebieten leben, dabei geholfen haben, sich besser auf den nächsten Ausbruch vorzubereiten – und als wir es 3.000 Schulkindern ermöglicht haben, unsere Lebensraum-Schutzgebiete kennenzulernen.
Gemeinschaften von Ureinwohnern- und die lokale Bevölkerung müssen bei sie direkt betreffenden Tier- und Naturschutzinitiativen ein Mitspracherecht haben. Sie sollten die Möglichkeit bekommen zu erkennen, dass nachhaltige Strategien zur Sicherung des Lebensunterhalts die Voraussetzung dafür sind, dass Tiere und Menschen gemeinsam eine bessere Zukunft haben.
Der IFAW rettet mit seiner Arbeit Leben. Und dafür ist es bei keinem anderen Aspekt so wichtig, zu einem friedlichen Miteinander von Menschen und Tieren zu gelangen, wie bei unseren Bemühungen zur Verhinderung von Mensch-Tier-Konflikten in Gemeinden. Indem wir die Verluste mindern, die das Leben in unmittelbarer Nähe von Wildtieren mit sich bringt (zum Beispiel den Verlust von Ernten, Haus- und Hoftieren, Eigentum und im schlimmsten Fall Menschenleben), gibt das der Bevölkerung nicht nur mehr Sicherheit und die Möglichkeit, Ziele in Bezug auf ihren Lebensunterhalt zu verwirklichen. Es steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass die Menschen sich an Naturschutzinitiativen beteiligen und gegen das Töten von Wildtieren aus Vergeltung stellen.
China: vom Konflikt zur Koexistenz
In der Provinz Yunnan befindet sich der Lebensraum der letzten 300 wilden Elefanten Chinas. Da das Verbreitungsgebiet der Elefanten zunehmend von Menschen besiedelt und das Land genutzt wird, sind Konflikte zwischen Menschen und Elefanten zu einer der größten Bedrohungen für Elefanten wie auch für die örtliche Bevölkerung geworden. Um dieses Problem anzugehen, ist der IFAW in der autonomen Präfektur Xishuangbanna Dai in der Region Yunnan im Einsatz, wo etwa 280 Elefanten umherstreifen. Dort kommt es in fast einem Viertel des gesamten Gebiets zu Konflikten zwischen Elefanten und den Menschen.
Seit einigen Jahren suchen Elefanten zunehmend außerhalb von Naturschutzgebieten nach Futter. Allein zwischen Juli 2019 und Juni 2020 ereignete sich etwa die Hälfte der 12 schweren Konflikte zwischen Menschen und Elefanten in Xishuangbanna an Orten, an denen zuvor über 40 Jahre lang keine Elefanten mehr gesichtet worden waren. Deshalb arbeitet der IFAW mit der Bevölkerung zusammen, um so ein friedliches Miteinander von Menschen und Elefanten zu ermöglichen. Wir haben ein Frühwarnsystem in den Dörfern entwickelt, unterstützen Sicherheitsschulungen für die Anwohner und fördern eine Initiative zur Verbesserung der örtlichen Einkommenssituation. Mit ihr sollen die Kosten ausgeglichen werden, die das Leben in unmittelbarer Nähe von Elefanten mit sich bringt.
Dieses Jahr erhielten über 25 lokale Amtsträger und 150 Dorfbewohner eine IFAW-Sicherheitsschulung zum Zusammenleben mit Elefanten. Außerdem haben wir ein Imkerei-Projekt gestartet, mit dem das jährliche Einkommen der teilnehmenden Haushalte um rund 60% steigen soll. Bisher haben 10 Haushalte teilgenommen. Sie werden die von ihnen gezüchteten Bienen in der nächsten Phase des Projekts unter sich und 10 weiteren Haushalten aufteilen. Der IFAW arbeitet im Rahmen des Projekts auch mit lokalen Partnerorganisationen zusammen. Gemeinsam mit ihnen prüfen wir die Errichtung von „Bienenkorb-Zäunen“, die Elefanten von Feldern fernhalten und so ebenfalls zur Konfliktprävention beitragen.
Schnelle lebensrettende Hilfe für Menschen und Tiere in Kenia
Im Lebensraum Amboseli-Tsavo-Kilimandscharo sind Mensch-Tier-Konflikte weiter verbreitet als Wilderei. Daten, die über einen Zeitraum von 10 Jahren im Ökosystem Amboseli gesammelt wurden, verweisen auf über 9.000 Fälle von Mensch-Tier-Konflikten. An fast der Hälfte davon waren Elefanten beteiligt, an vielen der übrigen Fälle Flusspferde, Leoparden, Hyänen und Löwen. Bei den Konflikten wurden Menschen verletzt, Besitztümer beschädigt und lebensnotwendige Ernten zerstört. Außerdem kamen 1.600 Hoftiere, 245 Wildtiere und tragischerweise auch 68 Menschen durch sie ums Leben. Die wirtschaftlichen Schäden der betroffenen Gemeinden durch Mensch-Tier-Konflikte werden auf 3,8 Millionen US-Dollar geschätzt.
Der IFAW entschied sich das Problem anzugehen und beteiligte sich an der Erarbeitung fester Vorgaben für den Umgang mit Mensch-Tier-Konflikten, damit in diesen Fällen immer sachgemäß vorgegangen wird. Wir unterstützten auch den Bau von Zugangsstraßen zu wichtigen Risikogebieten, damit Einwohner der Gemeinden, die in diesen Gebieten unterwegs sind, bessere Sicht in dem zum Teil dicht bewachsenen Savannengebiet haben. Außerdem sollten die für den Schutz der Wildtiere eingesetzten Teams so leichter Zugang bekommen, um bei Konflikten schnell eingreifen bzw. diese verhindern zu können. Zusätzlich unterstützten wir den Einsatz von 76 Community-Wildtier-Rangern der Olgulului-Ololarashi Group Ranch, die Schulungen zum Thema Mensch-Tier-Konflikte erhielten. Und wir haben den örtlichen Behörden die nötigen Ressourcen zum schnellen Eingreifen bereitgestellt. Hierdurch haben Tötungen von Wildtieren zur Vergeltung abgenommen, und es überleben mehr Menschen, die bei den Konflikten verletzt werden.
Im März 2020 begann eine ungewöhnlich heftige Phase, in der etwa alle zwei Wochen schwere Mensch-Tier-Konflikte gemeldet wurden. Der IFAW stellte der kenianischen Naturschutzbehörde für den Amboseli-Nationalpark Soforthilfe zur Verfügung. So konnte man die Bevölkerung direkt vor Ort und über Radio aufklären und Konflikte vermeiden. Außerdem wurde die Unterstützung durch Ranger näher zu den Gemeinden verlegt, damit sie schneller reagieren können und die lokale Bevölkerung zusätzlich Schutz und Unterstützung erhält.
Dank unserer rasch in Angriff genommenen Maßnahmen konnten in dieser entscheidenden Phase, in der die Menschen durch die Corona-Pandemie ohnehin schon wirtschaftliche und soziale Härten erlebten, die Konflikte zwischen Menschen und Elefanten stark abgemildert werden.
Prävention als Schlüssel zum Leben mit Wölfen
Seit 20 Jahren ist der Wolf nun zurück in Deutschland und ist wieder Teil der Natur geworden. Wir können Spuren von Wölfen in fast allen 16 Bundesländern finden, in einigen sind sie nur zeitweilige Gäste, Wolfsterritorien gibt es in zehn Bundes-ländern.
Die Wiederbesiedlung Deutschlands durch den Wolf ist eng an die Besiedlung Westpolens geknüpft. Das war auch der Grund, warum wir beim IFAW Deutschland die Bestandsaufnahme der Wolfspopulation in Westpolen durch die Wolfswissen-schaftlerin Sabina Nowack seit 2001 finanziell unterstützt haben. Eine kürzlich veröffentlichte genetische Studie der Wolfsbestände bestätigt, dass sich die westpolnisch-deutsche Population genetisch von den umliegenden Populationen unterscheidet und immer noch gefährdet ist. Ein weiterer Bericht beschreibt aber auch, dass die Population in Westpolen inzwischen so weit gewachsen ist, dass sie mit den bisherigen Methoden und Mitteln nicht mehr im ausreichenden Detailgrad erfasst werden kann. Wir als IFAW haben daher beschlossen, uns von diesem Teil der Arbeit zurückzuziehen. Wir danken Dr. Sabina Nowack sehr für die gute Zusammenarbeit und ihren unermüdlichen Einsatz für die Wissenschaft und die Wölfe. Erfreulicherweise wird sie auch ohne die Unterstützung durch den IFAW ihre wichtige Arbeit in Polen fortsetzen können, die Wölfe zu erforschen und zu beschützen.
Eine der wichtigsten Aufgaben wird weiterhin die Prävention von Konflikten zwischen Menschen und Wölfen sein. Wir haben unsere Arbeit zur Suche nach innovativen Techniken im Herdenschutz fortgesetzt. Im letzten Finanzjahr schafften wir mobile Elektrozäune für den Noteinsatz Zaunsetz-Techniken. Zusätzlich unterstützten wir teilweise den Unterhalt von Herdenschutzhunden. Erfreulicherweise wurden alle Initiativen von staatlicher Seite aufgegriffen und werden jetzt weitergeführt. So versprach etwa Schleswig-Holsteins Minister für Landwirtschaft und Umwelt, Jan Philipp Albrecht, ähnliche Zaunsetz-Systeme anzuschaffen und Schäfern zur Verfügung zu stellen.
Dieses Finanzjahr initiierten wir die Erforschung von Ultraschall als Abwehrmaßnahme von Wölfen. In Südafrika werden Ultraschall-Halsbänder bei Schafen schon erfolgreich zur Abwehr von Hyänen und Schakalen genutzt. Wir wollten wissen, ob sie auch in Deutschland funktionieren und Wölfe abschrecken. Natürlich sollten keine anderen Tiere darunter leiden. Die mit dem Bundesverband Berufsschäfer durchgeführte Studie zeigte auf, dass es in dem Bereich noch viel Forschungsbedarf gibt. Beispielsweise existiert keine systematische Studie zu den Hörfrequenzen von Wölfen. Wir experimentierten mit Frequenzen und Schalldruck, konnten aber kein deutlich negatives Verhalten bei Wölfen feststellen.
Mit der Studie ist es uns nicht gelungen, wissenschaftlich zu belegen, warum Ultraschall als Abwehrmechanismus funktioniert. Aus der Praxis gibt es Berichte, die nahelegen, dass die Halsbänder wirken. So berichten Schäfer etwa, dass Herden mit Halsband tragenden Schafen nicht angegriffen wurden, Nachbarherden ohne Ultraschallhalsbänder jedoch schon. Ultraschall kann also ein gutes zusätzliches Mittel der Abschreckung sein, muss aber weiter untersucht werden. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und einige Forschungseinrichtungen haben signalisiert, dass sie die Studien an diesem Thema weiterführen wollen.
Ähnlich wie bei der Initiative mit dem Zaunsystem konnten wir wieder erfolgreich die Weiterentwicklung des technischen Herdenschutzes anstoßen. Wir werden die Entwicklungen weiterhin interessiert verfolgen, auch wenn wir unsere Kapazitäten stärker auf die Aufnahme von Tieren in Katastrophenschutzplänen fokussieren.
Berliner Tierarztpraxis
Seit vielen Jahren arbeitete der IFAW eng mit der Berliner Tiertafel e.V. zusammen. Die Berliner Tiertafel hatte die Notwendigkeit erkannt, dass auch die Haustiere von unverschuldet in finanzielle Not geratenen Menschen unterstützt und versorgt werden müssen und stellt unter anderem Tierfutter kostenlos zur Verfügung. Das Band zwischen Menschen und ihren Haustieren ist ein ganz besonderes und in vielen Fällen ermöglichen die tierischen Lieblinge ihren menschlichen Partnern soziale Kontakte aufrecht zu erhalten und sind ihnen eine wichtige Stütze im oft einsamen Alltag. Der IFAW erkannte, dass nicht nur die Versorgung der Tiere mit Nahrung notwendig ist, sondern dass eine kontinuierliche veterinärmedizinische Betreuung fehlte. Diese Lücke haben wir geschlossen und eine tiermedizinische Grundversorgung aufgebaut und etabliert.
Routineuntersuchungen und Medikation für chronisch kranke Haustiere waren ein großer Anteil unserer Unterstützung, aber auch Operationen in Notfällen. Alles mit dem Ziel, dass Menschen und Tiere zusammenbleiben können. Unsere Überzeugung ist allerdings, dass diese Leistungen ein Teil der staatlichen Grundversorgung, der sozialen Absicherung sein sollte. Wenn wir seit 2010 das Projekt dank großzügiger Spenden wie der CADEA GmbH aufrechterhalten und über 3.500 Patienten betreut werden konnten, ist nun der Zeitpunkt für uns gekommen, dieses Projekt in staatliche Verantwortung zu übergeben. Die Stadt Berlin hat die Verantwortung angenommen und übernimmt, wo wir zurücktreten.
Unsere Hochachtung gilt dem ehren-amtlichen Team der Berliner Tiertafel und dem Team rund um Tierärztin Janine Bräuer. Wir werden aus der Ferne den Fortgang des Projekts beobachten, während wir uns neuen Schwerpunkten zuwenden und wünschen allen Beteiligten weiterhin viel Erfolg.
Notizen vom IFAW Deutschland
IFAW Forum – involve. resolve.
Anlässlich des 50. Geburtstags des IFAW feierten wir zusammen mit vielen Gästen aus Politik, Medien, der Industrie, mit Kooperationspartnern und unseren Unterstützern das erste IFAW Forum – involve. resolve. Robert Kless, Länder-direktor des IFAW Deutschland, begrüßte gemeinsam mit unserer Moderatorin Petra Neftel die Anwesenden und würdigte die Entwicklung und Erfolge des IFAW in den letzten 50 Jahren. Mit hochkarätigen Experten aus der Wissenschaft und Industrie sowie mit unserem Programm-direktor für Meeresschutz Patrick Ramage diskutierten wir gemeinsam über die Problematik und Lösungsansätze zum Lärm im Meer, der zunehmend die marinen Lebewesen, insbesondere Meeressäuger bedroht.
IFAW bei der B.A.U.M. Jahrestagung
Der IFAW Deutschland ist nun Mitglied bei B.A.U.M. e.V. (Bundesdeutscher Arbeitskreis für Umweltbewusstes Management), ein Zusammenschluss von etwa 600 umweltorientierten Unternehmen und Verbänden.
Im Herbst 2019 bekamen wir die Gelegenheit, uns und unsere Projekte bei der B.A.U.M.-Jahrestagung vorzustellen. Der thematische Schwerpunkt der Tagung war Afrika, so informierten wir die Teilnehmer und Gäste über unsere Maßnahmen zur Bekämpfung der Wilderei und zum Schutz von Lebensräumen im westlichen und südlichen Afrika. Wir führten viele spannende Gespräche und konnten wichtige neue Kontakte schließen.
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