Meeresschutz
Meeresschutz
Das Leben in den Meeren ist in Gefahr. Deshalb setzt sich der IFAW für einen stärkeren Schutz von Walen, anderen Meeresarten und Lebensräumen in den Meeren auf der ganzen Welt ein. Unser Schwerpunkt liegt dabei auf der Gefahr durch Fischereigerät, in dem Tiere sich verstricken, durch Zusammenstöße mit Schiffen, Unterwasserlärm, kommerziellen Walfang und dem Klimawandel. Ob bei der Entwicklung und Förderung alternativer Fanggeräte oder bei der Lobbyarbeit für bessere Gesetze – wir setzen auf Lösungen, mit denen Tiere und Menschen gemeinsam wachsen können.
Dr. Sidney Holt, 1926–2019
Der Tod unseres langjährigen Mentors, Beraters und Kollegen Dr. Sidney Holt im Dezember 2019 hat uns alle sehr getroffen. Sidney Holts einzigartiger Beitrag zum Meeresschutz und das gigantische Erbe, das er uns als Vorkämpfer im weltweiten Kampf gegen den kommerziellen Walfang hinterlässt, werden uns noch über Generationen begleiten. Bis an sein Lebensende hatte Sidney Holt einen scharfen Verstand und war voller Tatendrang. So konnte er noch erleben, wie der Walfang in der Antarktis beendet wurde und die Internationale Walfangkommission sich im 21. Jahrhundert von einem Club der Walfänger wegentwickelte zu einem Gremium, das sich einem Walschutz ersten Ranges widmet. Für diese Entwicklung hatte er 60 Jahre zuvor die Weichen gestellt. Lebewohl, lieber Freund.
Der Walfang in Island endet
Siebzehn Jahre Kampagnenarbeit für ein Ende des kommerziellen Walfangs in Island machen sich endlich bezahlt: Im Frühjahr 2020 erfuhren wir, dass Island in diesem Kalenderjahr weder Jagd auf Zwergwale noch auf Finnwale machen wird. Damit wird im zweiten Jahr in Folge in Island kein Walfang stattfinden.
Das sind gute Nachrichten für die Wale, für Island und für den Meeresschutz weltweit. Der IFAW dankt voller Anerkennung seinen langjährigen Partnern und Freunden in Island, die sich über viele Jahre dafür eingesetzt haben, die grausame, sinnlose Jagd auf Finn- und Zwergwale in isländischen Gewässern zu beenden und internationale Touristen davon abzuhalten, in Island Walfleisch zu essen.
In einer öffentlichen Erklärung verkündete das letzte Unternehmen, das noch Jagd auf Zwergwale machte, es werde den Betrieb einstellen. Als Hauptgründe wurden Unwirtschaftlichkeit sowie das vergrößerte Walschutzgebiet in der Bucht von Faxaflói vor Reykjavík genannt. Der IFAW hatte die Schaffung wie auch die spätere Vergrößerung des Walschutzgebietes initiiert und trug maßgeblichen Anteil an seiner Realisierung.
Nun muss sich noch ein zweites Unternehmen, das als einziges noch Jagd auf Finnwale macht, offiziell zu seiner Zukunft und dazu äußern, ob es 2021 die kommerzielle Jagd auf Finnwale wieder aufnimmt. Die isländische Öffentlichkeit ist für die Beendigung jeglichen Walfangs und hat langsam keine Geduld mehr mit den letzten noch verbliebenen Walfängern. Der IFAW startete eine Petition für das Ende des Walfangs, die in Island von mehr Menschen unterzeichnet wurde als jede andere: Weit über 174.000 Unterschriften konnten der isländischen Regierung präsentiert werden.
Zuvor hatte man Finnwale, die zweitgrößten Tiere der Welt, in Island für den Export nach Japan harpuniert. Zwergwale wurden für den heimischen Markt getötet, ihr Fleisch wurde allerdings hauptsächlich von neugierigen Island-Touristen gegessen. Über 1.500 Finn- und Zwergwale wurden in Island seit 2003 getötet, als das Land den kommerziellen Walfang nach 13 Jahren wieder aufgenommen hatte. Seitdem fördert der IFAW gemeinsam mit Menschen in Island verantwortungsvolles Whalewatching als Alternative zum grausamen Walfang.
Unsere Arbeit für eine umweltfreundlichere Schifffahrt
Wir arbeiten kontinuierlich daran, die negativen Auswirkungen zu mindern, die die Schifffahrt auf die Meeresumwelt hat. Unter anderem stärken wir das Bewusstsein für die schädlichen Folgen des konstanten Hintergrundlärms, den der Schiffsverkehr verursacht. Der Lärm entsteht an den Schiffsschrauben. Und da Größe, Geschwindigkeit und Anzahl der Schiffe weltweit zugenommen haben, nahm auch das ständige Dröhnen in den Meeren der Welt erheblich zu.
Mit technischen Lösungen und einer Senkung der Geschwindigkeit von Schiffen lässt sich Unterwasserlärm durch den Schiffsverkehr relativ schnell reduzieren. Der IFAW ist weiter in der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO) – der für den Schiffsverkehr zuständigen Sonderorganisation der Vereinten Nationen – aktiv, damit sich der Ausschuss für den Schutz der Meeresumwelt mit diesem Thema befasst. Wir haben ein entsprechendes Papier vorgelegt, das dieses Anliegen untermauert und von einer breiten Koalition NGOs unterstützt wird. Außerdem arbeiten wir daran, die Unterstützung verschiedener Regierungen zu gewinnen.
Senkt man die Geschwindigkeit von Schiffen, wird nicht nur der ständige Hintergrundlärm reduziert, sondern auch der Treibhausgasausstoß und das Risiko der Kollisionen von Schiffen mit Walen. Im Geschäftsjahr 2020 dokumentierte der IFAW Wissenschaftler Russell Leaper diesen Zusammenhang in seiner Forschungsarbeit „The Role of Slower Vessel Speeds in Reducing Greenhouse Gas Emissions, Underwater Noise and Collision Risk to Whales“ („Die Rolle geringerer Fahrgeschwindigkeiten von Schiffen bei der Reduzierung von Treibhausgasausstoß, Unterwasserlärm und Risiko von Kollisionen mit Walen“), die in Frontiers for Marine Science erschien. Seine Forschungen ergaben, dass sich durch eine realisierbare weltweite Reduzierung um 10-15% der Fahrgeschwindigkeit von Schiffen die Anzahl der durch Schiffskollisionen getöteten bzw. durch Schiffslärm beeinträchtigen Wale wahrscheinlich um 50% senken lässt. Vor diesem Hintergrund fordert der IFAW eine Reduzierung der Geschwindigkeit von Schiffen um 10%. Wir entwickeln ganzheitliche Lösungen, arbeiten direkt mit der Branche zusammen und sind mit neun Reedereien und Schifffahrtsverbänden in aller Welt in Kontakt getreten.
Zusammenstöße zwischen Schiffen und Walen (sogenannte „ship strikes“) stellen nach wie vor eine unterschätzte Gefahr für Wale dar.
Experten gehen davon aus, dass auf jeden Wal, der bekanntermaßen bei einer Kollision (tödlich) verletzt wurde, zwanzig weitere mit demselben Schicksal kommen, die unbemerkt bleiben.
Schutz vor Schiffskollisionen: bedrohte Pottwale in Griechenland
Gemeinsam mit unseren lokalen Partnern in Griechenland wollen wir Schiffskollisionen, die eine erhebliche Gefahr für Wohlergehen und Überleben einer gefährdeten Pottwalpopulation im Hellenischen Graben, westlich von Griechenland, verhindern. Wir stehen in intensivem Austausch mit der griechischen Regierung, der Hellenic Chamber of Shipping (griechische Schifffahrtskammer) und der Union of Greek Shipowners (griechischer Reederverband). Nun finden auf Ministerebene Beratungen über die Möglichkeiten zum Senken des Risikos von Kollisionen statt, damit diese gefährdeten Wale besser geschützt werden können.
Um Wandel zu bewirken, schließen wir uns auch mit anderen NGOs zusammen, damit wir gemeinsam politische Entscheidungen vorantreiben und hervorheben können, welche Auswirkungen menschliches Handeln auf Meerestiere hat. Ein besonderes erschütterndes Beispiel erregte im Frühjahr 2020 in der Welt Aufmerksamkeit: Im Mittelmeer wurde ein Finnwal gesichtet, dem die gesamte Schwanzfluke fehlte. Schnell wurde klar, dass der Wal offenbar mit einem Schiff zusammengestoßen war und sich in Fischereileinen verfangen hatte, wodurch er schließlich seine Schwanzfluke verloren hatte. Der IFAW arbeitet an intelligenten, kooperativen Lösungen, mit denen diese erheblichen Gefahren für Bestand und Wohlergehen der Wale angegangen werden können. Solche Todesfälle lassen sich vermeiden.
Kampagne zur Rettung des Nordatlantischen Glattwals
Der IFAW kämpft weiter für das Überleben des vom Aussterben bedrohten Nordatlantischen Glattwals. Es gibt nur noch etwa 360 Tiere dieser Art. Deshalb befassen wir uns in unserer Arbeit schwerpunktmäßig mit den Gefahren, die den Nordatlantischen Glattwal in seinen wichtigsten Lebensräumen vor der Ostküste Nordamerikas bedrohen.
Die größte Gefahr für diese Wale stellen Fischereileinen dar, in denen sie sich verheddern und Boote und Schiffe, mit denen sie kollidieren. Unsere Arbeit zur Beseitigung dieser Gefahren ist so wichtig und dringend wie zuvor, denn nur 25% der verbliebenen Wale sind Weibchen im fortpflanzungsfähigen Alter. Schon der Tod eines einzigen Tieres kann katastrophale Auswirkungen auf die Erholung der Art haben. Tragischerweise wurden 2020 zwei neugeborene Walkälber getötet. Somit sind seit 2017 insgesamt 43 Nordatlantische Glattwale verendet (bzw. vermutlich verendet). Es sind also in nur drei Jahren fast 12% der bekannten Population umgekommen – eine erschütternde Zahl. In allen Fällen, in denen sich die Todesursache eindeutig ermitteln ließ, wurden die Wale durch menschliche Aktivitäten (Verfangen in Fischereileinen und Kollisionen mit Schiffen) getötet.
Unser Team konzentriert sich vor allem auf umfangreichen Austausch mit Akteuren aus Wirtschaft (Fischerei und Schifffahrt), Staat und lokalen Interessengruppen, mit denen wir Lösungsansätze zum Schutz dieser Wale erarbeiten und umsetzen wollen. Entscheidend für das Überleben der Nordatlantischen Glattwale ist die Entwicklung von leinenlosen Fangsystemen. Hierdurch ließe sich die aktuelle Zahl vertikaler Leinen in der Wassersäule drastisch reduzieren. Die in dem Gebiet übliche Hummerfischerei arbeitet mit Reusen, deren Rückholleinen mit Bojen an der Wasseroberfläche verbunden sind. Sogenannte leinenlose Systeme kommen ohne die Rückholleinen aus, sodass Wale ungefährdet diese Gebiete durchschwimmen und in wichtige Lebensräume gelangen könnten. Zusammen mit der Fischerei-Industrie, Wissenschaftlern und Technologieunternehmen testen wir im Meer Ausrüstung ohne vertikale Leinen, damit diese schneller als nachhaltige, dauerhafte Lösung zum Einsatz kommt.
Parallel zu diesen Bemühungen arbeiten wir zusätzlich daran, die zweite große Gefahr für die Wale zu reduzieren, das Risiko der Wale zu senken, mit Schiffen zu kollidieren: Wir klären Reedereien darüber auf, wie wichtig es ist, sich an die Geschwindigkeitsbegrenzungen zu halten und Gebiete mit Walen langsam zu durchfahren. Mithilfe der App Whale Alert wissen kommerzielle Schifffahrt, Sportschifffahrt und Öffentlichkeit, wo sich Wal-„Sicherheitszonen“ befinden. Außerdem lassen sich mit ihr Wal-Sichtungen in Echtzeit melden, sodass man die Tiere besser schützen und das Risiko von Kollisionen senken kann.
Der IFAW leitet eine Kampagne, mit der die Öffentlichkeit über Lage und dringende Schutzbedürftigkeit dieser Walart aufgeklärt wird, und setzt sich für rechtliche Änderungen in den USA ein, damit wirkungsvolle Maßnahmen zur Minderung der Gefahren umgesetzt werden.
Im Geschäftsjahr 2020 konnten wir im Rahmen der nationalen Mittelzuweisung in den USA zum Jahresende Gelder in Höhe von 3 Millionen US-Dollar für den Schutz des Nordatlantischen Glattwals bereitgestellt. Davon ist 1 Million für ein Pilotprogramm zur Entwicklung von innovativem Fischereigerät bestimmt, mit dem das Risiko eines Verfangens in Fischereileinen gemindert werden soll.
Darüber hinaus konnten wir erreichen, dass das Gesetz SAVE Right Whales Act erfolgreich erneut ins US-Repräsentantenhaus und in den US-Senat eingebracht wurde. Mit ihm wird ein neues Zuschussprogramm für Forschungszusammenarbeit ins Leben gerufen, das 50 Millionen US-Dollar für Maßnahmen zum Schutz und Erhalt des Nordatlantischen Glattwals in den nächsten zehn Jahren vorsieht. In den Ausschüssen beider Parteien wurde mit positivem Ergebnis über den Gesetzesentwurf abgestimmt.
Außerdem gab der IFAW wichtige Forschungen in Auftrag, deren Ergebnisse im Mai 2020 im Bericht „Ropeless is Real“ veröffentlicht wurden. Untersucht wurde bei den Recherchen, wie effektiv leinenlose Fischereisysteme sind und in welchem Maße sie dazu beitragen, dass sich weniger Nordatlantische Glattwale verfangen. Der Bericht wurde als Teil einer breiter angelegten Initiative veröffentlicht, bei der US-Unterstützer des IFAW die US-Behörde für Meeres- und Atmosphärenforschung (National Oceanic and Atmospheric Administration, NOAA) aufriefen, den Nordatlantischen Glattwal mit verstärkten Maßnahmen vor dem Verfangen in Fischereileinen sowie vor Kollisionen mit Schiffen zu schützen.
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